ES STIMMT, AUCH WENN ES SELTSAM KLINGT: OFT BEKOMME JENE, DIE UNS HELFEN WOLLEN UND UNS DIE HAND REICHEN, MEHR WUT UND HASS AB, ALS JENE, DIE UNSEREN ZORN WIRKLICH VERDIENT HÄTTEN.
Gehirnwäsche und Käfighaltung
Warum ist das so? Das liegt daran, dass ein Opfer sexuellen Missbrauchs und Gewalt häufig viele Jahre in einer abgekapselten Welt gelebt hat, die seine Täter um es herum gebaut haben, damit es sich nicht wehrt, sich nicht befreit, sich keine Hilfe sucht und den Täter nicht dahin bringt, wo er hingehört: hinter Schloss und Riegel!
Ich habe jahrzehntelang wie in einem Käfig gelebt, ähnlich einem Tier in einem Versuchslabor: Mit kaum Beschäftigungsmaterial, abgemagert, abgeschnitten und vergessen von der Welt, ohne die Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln und zu lernen, mit meiner Umwelt zu kommunizieren und mich zu befreien. Meine Eltern haben mir eine sehr verzerrte Sicht auf die Welt beigebracht, die dazu diente, mich an sie zu fesseln. Auf den Punkt gebracht: Fremde Menschen waren die Bösen.
Dann und wann haben sie mich dann herausgeholt aus diesem tristen Käfig, mir Schmerz und grauenvolle Verletzungen zugefügt – körperlich und seelisch – um mich dann wieder zurück in den Käfig zu stecken, wo ich in meinem Blut und Leid dahinvegetierte und meine Wunden leckte, bis der nächste Missbrauch stattfand.
Natürlich habe ich die Schule besucht und hatte sogar eine Freundin. Aber mein Kopf und mein Herz waren in diesem Seelenkäfig gefangen. Die Menschen verstanden mich nicht und ich sie nicht. Ich war unfähig zu kommunizieren und zu handeln aufgrund all der Lügen und Ängste, die mir eingepflanzt worden waren, und natürlich wegen dem seelenzerstörenden Missbrauch. Ich wusste, dass das alles falsch ist und ich einen Ausweg findet muss, doch ich wusste nicht wie. Und ich hatte so viel Angst.
Ich reagiere noch heute auf minimalste negative Gefühle meiner Mitmenschen mit großem Entsetzen. Ich zermartere mir den Kopf, warum alle mich hassen und ich nur abgelehnt werde – während mein Gegenüber sich häufig gar nichts weiter dabei gedacht hat und mir eigentlich gar nicht quer kommen wollte.
Meine Eltern haben mich hingegen bluten lassen für kleinste Vergehen. So ist es leider. Ich projiziere das auf meine heutigen Gegenüber, die ja in der kranken Welt meiner Kindheit ohnehin die Bösen sind, weil sie nicht zur Familie gehören. Jegliche negativen Gefühle musste ich umlenken auf irgendetwas oder irgendwen anderes, Hauptsache nicht auf die wahren Täter, die mich sonst noch mehr leiden ließen.
Solange ich nicht verstehe, dass mein wahrer Hass nicht den heutigen Menschen gilt, sondern meinen Eltern – auch wenn kaum einer sich das vorstellen will und ich am liebsten auch nicht – bleibe ich im Seelenkäfig meiner Kindheit stecken. In meinem Fall sind meine Eltern die Verursacher, die Lügner, die Monster, die mich überhaupt geboren haben, um ein Spielzeug für ihre perversen, kranken Spiele zu haben! Ein kleines unschuldiges und naives Geschöpf, das man formen kann, wie man will, dem man Lügen auftischt und die es glauben muss, weil es die Welt nun mal nicht kennt. Jeder Widerstand, jedes Anzeichen von Wut wurde sadistisch und genüsslich bestraft. Natürlich hatte und habe ich noch immer Angst davor, diese schrecklichen Menschen heute anzugreifen – selbst in meiner Vorstellung ist das fast unmöglich!!!
Die Schwierigkeiten nach der Befreiung
Ich wurde befreit und lebe nun in Sicherheit. Doch manchmal wünschte ich mir, meine Eltern hätten mich bei diesen blutigen Ritualen wirklich umgebracht und nicht wiederbelebt! Denn meine Seele liegt immer noch in diesem Grab und weiß nicht, wie sie herauskommen soll. Das seelische Leid ist oft so unerträglich, dass der nächste Baum beim Autofahren verheißungsvoller erscheint, als der Kampf gegen die inneren Dämonen.
Und ja, heute hasse ich oft die, die mir helfen wollen, WEIL ich so programmiert wurde! Ich SOLLTE die Menschen im Draußen hassen und nicht die, die mir wirklich Leid zugefügt haben: meine Eltern, meine Oma und alle die Leute, die sie hinzugeholt haben, an die sie mich verkauft und verschenkt haben. Ich SOLLTE mir selbstverständlich keine Hilfe suchen! Alle diese Menschen müssten in den Knast dafür. Und ich zeige sie an, wenn ich soweit bin.
Es ist außerdem viel einfacher jene zu hassen und zu verletzen, die gut zu einem sind. Denn sie werden einem nicht wehtun. Aber es ist unfair.
Meine Mutter und mein Vater haben mich vernachlässigt, mich mit Kälte und Herzlosigkeit behandelt, mir Schmerz zugefügt, mich eingesperrt und so viel mehr noch… Von ihnen wollte ich weg, konnte es aber nicht. Auch der hasserfüllte, brennende Wunsch, auszubrechen, alle zu verlassen und fortzugehen, gründet auf diesen langen Jahren in seelischer Gefangenschaft, der ich nicht entkommen konnte.
Heute in der positiven und freundlichen Umgebung kann ich theoretisch ausbrechen und mit Wut alles dem Erdboden gleichmachen. Niemand wird mich dafür fertig machen. Aber es trifft die falschen. Treffen muss diese Wut die wahren Täter.
Deshalb hilft es neben der Traumatherapie auch all die Missbrauchs-Geschichten aufzuschreiben – so schwer es auch fällt – und all die Wut an einem Boxsack auszulassen und sich außerdem für den positiven Kampf gegen Ungerechtigkeit in der Welt zu engagieren. Irgendwann kann vielleicht die gerichtliche Konfrontation folgen und der Gerechtigkeit Genüge getan werden.
Sorry
Es hilft aber auch, sich dann und wann zu entschuldigen dafür, dass der Zorn wieder mal den falschen getroffen hat.
Es tut mir sehr leid, dass dieser bodenlose Zorn oft euch Seelenkämpfer trifft, die für das Gute in dieser Welt kämpfen und mir ermöglicht haben, mich zu befreien aus dem Käfig.
Bitte gebt nicht auf, ich kämpfe an eurer Seite für das Gute in dieser Welt!
We make the change. :)
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