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R.I.P. SUSANNE PREUSKER - EINE KÄMPFERIN

Das erschütterndes Schicksal einer Macherin -

Warum reichen scheinbar optimale Rahmenbedingungen inklusive der Loyalität und Solidarität der Öffentlichkeit in Kombination mit einem ausgeprägten Kampfgeist gegen das eigene Opferdasein nicht unbedingt aus, um vor dem Freitod sicher zu sein?

RIP Susanne Preusker – Eine Kämpferin

Ein zutiefst erschütterndes Schicksal, was uns besonders betroffen macht, da Susanne Preusker einen vorbildlichen Kampf zurück in ihr Leben geführt hat – eine Macherin, die Beispiel für viele Betroffene war und die gegen die Stigmatisierung „Opfer“ in die Schlacht zog.

Ein kleiner Rückblick:

2009 wurde sie an ihrem Arbeitsplatz in der JVA Straubing von einem ihrer Patienten, ein Mörder und Vergewaltiger, mit einem Messer überwältigt, unter Kontrolle gebracht und auf brutalste Weise sieben Stunden lang vergewaltigt und gedemütigt.


Sieben Stunden im April - so heißt ihr Buch.

Sieben Stunden im April, die ihr Leben von Grund auf veränderten und die sie nicht mehr die Frau sein ließen, die sie zuvor noch war.

Sieben Stunden im April, die ihren inneren Widerstand, ihren Kampfgeist, ihren Tatendrang und ihr Streben nach Leben, umso intensiver hervorbrachten.

Sie fühlte sich berufen, sich zu ihrem Schicksal öffentlich zu stellen. Das mediale Interesse war groß. Es gab einen Prozess mit Verurteilung, bei dem sie ihrem Peiniger in die Augen sah, sie trat in Talkshows auf, schrieb ein Buch über ihr erlebtes Grauen und trat mit allen Mitteln den Kampf gegen ihr Opferdasein an.

Jetzt hat sie den Kampf verloren, sie nahm sich das Leben.

Unser tiefstes Mitgefühl ist bei der Familie von Frau Preusker. Eine Frau, die wir bewundern, die uns sehr berührt hat in ihrem Schicksal und in ihrem Engagement.

Sie hat mutig ihren Dienst eben jenen Menschen zur Verfügung gestellt, die selbst einst Opfer sexualisierter Gewalt waren und selbst im Gefängnis verachtet werden.

Sie glaubte an den Mensch in ihnen, sie hatte Hoffnung und bewahrte sich ihre Menschlichkeit, um ihnen ihre wieder bewusst zu machen.

Ein Irrglaube wie sich leider in diesem Fall herausstellen sollte.

Wurde der Versuch zu helfen mit Lust und Liebe, mit Schwäche seitens des Täters verwechselt, war die Gier des Täters größer?

Vermutlich.

Soll das heißen einem Sexualstraftäter ist nicht mehr zu helfen?

Wird er immer seinem Trieb folgen und früher oder später wieder zuschlagen?

Ja, wenn er sich nicht seinem eigenen Opfer in sich stellt.

Der Weg von Susanne Preusker zeigt, dass selbst die Aufarbeitung des eigenen Opferdaseins einen brechen kann und die innerseelische Zerstörung derart irreparabel scheint, dass es ihr als studierte Psychologin und trotz all den guten Rahmenbedingungen und ihrem geordneten, familiären und sozialen Umfeld nicht gelingen wollte.

Aber gerade ihre fachliche Kompetenz wird einen enormen Beitrag zu ihrem Gefühl des „gescheitert Seins“, der Aufgabe und des Versagens, geleistet haben, so dass sie schlussendlich ihren doch so mutigen und vorbildlichen Kampf verlor.

Sie ist und wird kein Einzelfall bleiben.

Für viele Betroffene war sie in ihrem Weg sicher eine Orientierung für Mut, Kampfesgeist, Widerstand und Stolz.

Ihrem Peiniger schrieb sie: „Sie haben mich nicht zerstört!“.

Und das hat er auch nicht – oder doch?

Vermutlich und aus unserer Erfahrung heraus waren es die tiefen Gefühle in ihr, die auch mit dem Kampf im Außen ihre inneren Wunden nicht ausgleichen konnten.

Aber wie konnte das nun ausgerechnet ihr passieren?

Unsere Erfahrung zeigt, dass ein Mensch, dem so etwas Schreckliches widerfährt in aller Regel zuvor schon Berührung mit dieser Art von Trauma hatte, welches in den Tiefen des Unterbewusstseins abgespeichert ist. Es ist auch eine mögliche Erklärung für die Berufswahl des betreffenden Menschen. Dies geschieht in vielen, wenn nicht in den meisten Fällen, auf unbewusster Ebene, da tiefe Wunden nach Heilung strebend sich in unsere alltäglichen Emotionen vordrängen und uns damit unbewusst lenken.

Nach diesem Gesetz der Anziehung also, werden wir in unserem Leben mit dem konfrontiert, was uns hilft unsere Verdrängung, unsere oft kindlichen Ängste und Unsicherheiten zu bearbeiten, bewusst zu zulassen, um sie dann auflösen zu können. Dies lässt uns erstarken und uns weiterentwickeln.

Hat nun so jemand wie im Falle von Susanne Preusker ihre eigenen unbewussten Seelentraumata in ihrer Arbeit versucht aufzuarbeiten?

Ein Weg, der ihr unter Umständen noch nicht einmal klar war?

Vielleicht war es so, aber natürlich wäre es Mutmaßung über ihre Person eine Aussage zu treffen und das ist nicht die Absicht des Artikels!

Lediglich soll er eine Anregung verschiedener Blickwinkel in sich zulassen, warum dieses Thema der sexualisierten Gewalt und die Folgen in den Opfern so komplex und fast schon unlösbar scheinen.

Denn es gibt im Leben eines jeden Menschen den Effekt, dass eigene Problemstellungen sich durch das Umfeld, das Leben selbst immer wieder auf eigenartigste Weise in den Alltag und damit in Lebensentscheidungen drängen zu denen man eine Affinität in sich zu tragen scheint.

Die Aufgabe, die sich dahinter verbirgt ist die Auflösung des eigentlichen Problems, das Erkennen der Ursache und ihre Aufarbeitung – schließlich ein Unterbrechen der Wiederholung.

Dies ist ein ewiger und dynamischer Lernprozess, der uns durch unser gesamtes Leben begleitet. Ein Lebensgesetz, kann man sagen und wir sollten uns die Frage stellen, wie bewusst möchten wir diesen Weg gehen.

Verdrängte und von uns verborgen gehaltene Ängste, Unsicherheiten, Störungen des lieben Friedens, all das was wir uns durch so vielfältige Kompensationsmechanismen künstlich aufrecht zu erhalten versuchen - unsere sogenannte Komfortzone, die wir nicht verlassen wollen, droht früher oder später einzustürzen, stellen wir uns nicht und wir müssen mit dem Damoklesschwert über uns leben lernen. Diese Anstrengungen, die damit verbunden sind, machen viele Menschen krank oder im schlimmsten Fall selbst zum Täter.

Ist man als Selbstbetroffener diesen Weg gegangen, weiß man, dass ganz tief im Unterbewusstsein das ursprüngliche, so fest verankerte, tiefe Gefühl der Aufgabe, der Hilf-, Hoffnungs- und Aussichtslosigkeit, was einem die Täter aus damaliger Zeit aufoktroyiert und oft auch weiter konditioniert haben, die Ursache für das wiederholte Ableben, der Anziehung, dieser ähnlichen Problematik ist.

Wie schon gesagt, nicht als erneute Bestrafung, sondern als Hilfestellung unbewusste Seeleninhalte ins Bewusstsein zu befördern, um als Erwachsener, der man heute ist, eine abschließende Bearbeitung möglich zu machen. Denn erst heute ist man stark genug und lebt nicht wie als Kind in einer Abhängigkeit zur Erwachsenenwelt.

Im Grunde genommen arbeitet das Leben hier nach dem Ähnlichkeitsprinzip der Homöopathie: Ähnliches wird durch ähnliches geheilt – bewusst, sofern man sich öffnen kann.

R.I.P. Susanne Preusker, auch als ein stellvertretendes Beispiel für viele unserer und auch anderer Helfer, die auf unterschiedlichste Weisen an ihrem Schicksal und der Arbeit mit diesem Thema zerbrochen und ausgebrannt sind.

Diese Menschen sollten uns als Überlebende um so mehr motivieren, auch in ihrem Sinne ihren Kampf weiter fortzuführen.

Ein Kampf der dornig und nicht ungefährlich ist, der aber gerade deswegen umso wichtiger ist für die Welt in der wir leben!

Auf die Frage warum also reichen scheinbar optimale Rahmenbedingungen nicht aus, um vor Suizid sicher zu sein:

Offensichtlich verschmerzt ein Mensch so eine ungeheuerliche und widerwärtige Tat nicht allein durch all diese scheinbar idealen Voraussetzungen, die sich viele Betroffene wünschen würden.

Viele Opfer von sexualisierter Gewalt leben im „wenn, dann Modus“.

Wenn der/die TäterIn erst einmal verurteilt ist, dann bin ich frei, dann fängt mein Leben an. Wenn ich mich innerlich und vielleicht auch noch öffentlich stellen kann, dann wird es mir besser gehen und so weiter und so weiter.

Die Erfahrung zeigt, dass solche Taten, die einen Erwachsenen treffen, zumeist nicht die erste dieser Art ist. Alte tief verborgene Traumata sind die Achillesferse, die diesen Menschen gänzlich zum Aufgeben bringen, ihn blind für Gefahr werden lassen und nicht selten in Kombination mit weiteren Übergriffen, wenn es Täter aus dem eigenen sozialen Umfeld sind.

Ein erneutes Trauma führt zum Aufbrechen auch dieser alten in uns abgespeicherten Gefühle, die wir durch unseren Alltag bisher, vielleicht sogar Jahre und Jahrzehnte, sehr gut kompensieren, verdrängen konnten.

Das heißt dieser Mensch hat nicht nur das gerade Erlebte zu verarbeiten, sondern sieht sich unter Umständen mit seiner längst vergangenen Kindheit konfrontiert. Die Achillesferse, die jeden traumatisierten Menschen früher oder später einholen kann und erfahrungsgemäß auch wird – auf irgendeine Weise.

Wir möchten an dieser Stelle als Opferschutzverein, der sich aus Selbstbetroffenen gegründet hat und bis heute aus ihnen besteht, unser tiefes Mitgefühl äußern und der Familie nicht nur viel Kraft wünschen, sondern auch unsere Loyalität und Solidarität mitteilen indem wir alle Betroffenen dazu aufrufen den Kampf von Susanne Preusker weiterzuführen. Es ist unser aller Kampf und es ist einer, der ein Leben lang anhält. #jetzterstrecht

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