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Inzest im Erwachsenenalter

Wenn die sexualisierte Gewalt in der Familie über Kindheit und Jugend hinausgeht



Inzest im Erwachsenenalter ist für viele Menschen unvorstellbar und leider auch für viele Betroffene, da sie durch die zwangsläufige Verdrängung, die über Jahre und Jahrzehnte trainiert und erzwungen wurde, in einem Doppelleben gefangen sind. Wie in einer Parallelwelt bauen sie sich nicht selten ein relativ gut funktionierendes und auch gesellschaftlich anerkanntes, "eigenes" Leben auf, welches ihrem und dem Schutz der Täterfamilie dient und es dem Umfeld oder den HelferInnen zusätzlich erschwert dieses Tabu und die Ursache der bereits sichtbaren Spätfolgen zu erkennen bzw. sie auszusprechen.

Ausgeklügelte Kompensationsmechanismen, Vermeidungs- und Verschleierungsstrategien sind zur Normalität geworden, wie es normal geworden ist die Geliebte des eigenen Vaters, der Mutter oder auch der Geliebte der eigenen Mutter oder des Vaters zu sein.

Gefangen in dem Netz der von Täterseite geschaffenen Defizite, Abschalt- und Verdrängungsmechanismen und erschaffenen Sehnsüchten, leben Opfer und TäterIn in Abhängigkeit zueinander und durch die sexuelle Komponente, die über den Zeitraum der Pubertät - in der erstmals eigene sexuelle Gefühle empfunden werden können - in einer Hörigkeit und einer fatalen Identitätskrise gipfelt. Der Zugang hierzu fehlt zumeist und zeigt sich in sexuellen, sich immer wieder aufdrängenden Phantasien unter denen der betroffene Mensch einerseits leidet, er sie allerdings zwanghaft auslebt, um den immer wieder aufsteigenden Druck abzubauen, der ihn ansonsten wortwörtlich in den Wahnsinn treibt und sich nicht anders kompensieren läßt. Hier hat der/die TäterIn eine teuflische Achillesferse geschaffen, die Opfer in die Fänger der TäterInnen zurücktreiben, sie massivste Erkrankungsbilder auf körperlicher, seelischer und geistiger Ebene entwickeln und entsprechende TrittbrettfahrerInnen in ihrem traumatisierten Leben Einzug halten läßt. Diese entscheidende Phase der Pubertät hat nicht selten schlimmste hochdepressive Auswirkungen in dem Teenager und bildet massive psychische, geistige und körperliche Folgen aus, da er nicht nur die vorhergehende Gefühlswelt der Peiniger übernehmen musste, um zu überleben, sondern sich nun auch gezwungen sieht sich mit der pervertierten Sexualität identifizieren zu müssen und begreift was zuvor alles mit ihm geschehen ist und die zuvor gesäte Saat: "Du willst es doch auch so!" auf teuflische Weise aufgehen läßt. Es ist der Höhepunkt der inneren Kapitulation durch die Schuld- und Schamgefühle und der Erblindung zu den Ursprüngen wie ein Erwachsener seinem Kind von Anfang an keine andere Wahl gelassen hat und sich die natürliche Bindung und das Vertrauen zwischen Kind und Vater/Mutter auf diese entsetzliche Art zu Nutze gemacht hat.

Für viele Betroffene stellt in der Aufarbeitung und beim Aufbrechen des Entwicklungstraumas gerade das Alter der Pubertät in der Rückerinnerung eine wesentliche Rolle dar, da es der Übergang zwischen Kindheit und Jugend in das bevorstehende eigene Leben als erwachsener Mensch ist und eine entscheidende Bedeutung für die eigene Identität einnimmt.

Die Zwangsidentifikation, auch und insbesondere die sexuelle, wird zumeist verdrängt, da es über die Maßen unerträglich ist diese Aussichtslosigkeit auf den Seelentod und die völlige Entmachtung auf Lebenszeit im Bewusstsein zuzulassen. Alle verbleibenden Kräfte werden also, aller vereitelten Ausbruchsversuche, fortgesetzten Vergewaltigungen und Manipulationen zum Trotz, mobilisiert und in die verbleibende Chance auf ein "Leben danach" investiert. Es ist die Flucht nach vorn und die Hoffnung irgendwann doch nochmal alles hinter sich lassen zu können. EinE PartnerIn und die gegründete Familie sollten Schutz bieten, jedoch geht diese Rechnung nur in den seltensten Fällen auf, da das Opfer, herangewachsen und konditioniert, um die pervertierten Bedürfnisse seiner Eltern zu befriedigen und durch die tief abgespeicherten Todesängste, Scham- und Schuldgefühle fernab jeglicher Abwehr und innerer Durchsetzung oder irgendeiner Form von Selbstbestimmung, bereits "eigenständig" aus den Täterkonditionierungen handelt und weiß, dass es kein Entkommen gibt. Der Abschaltmechanismus und vor allem die vom TäterIn konditionierte und auf sein Opfer übertragene Sexsucht, die im Alltag nicht zwangsläufig sichtbar ist und sogar frigide Züge zeigen kann, läßt das Kind von einst die absurdesten Wege gehen, um seinen "Pflichten" oder auch der "Liebesbeziehung" nachzukommen, um die Teile des neuen "eigenen" Lebens maximal zu schützen. Ein Teufelskreis, der über kurz oder lang seinen Tribut fordert und die Wahrnehmung für sich selbst, den Zusammenhang zur Ursache immer weiter im Nebel des Unterbewusstseins verschwinden läßt. Es ist ein Sterben auf Raten und nur der konsequente Kontaktabbruch, samt den gemeinsamen Freunden, Bekannten und Menschen, die einen, auch ungewollt, verraten könnten, ist unumgänglich, will der betroffene Mensch nicht zum Opfer auf Lebenszeit werden mit der Folge des totalen psychischen Verfalls und / oder dem Risiko das Drama weiterzutragen und selbst zum TäterIn zu mutieren.

Es ist schon mehr als schrecklich all dies als LeserIn in sich zu ertragen, geschweige denn sich zu erlauben es sich vorzustellen, jedoch ist es hier wichtig in erster Linie an die Betroffenen zu denken, die mit all diesen, sich vielleicht gerade jetzt, immer und immer wieder, abspielenden Horrorszenarien leben müssen und das auch noch unter dem Deckmäntelchen des Tabus, der guten Nachbarschaft, des doch so emphatischen Doktors oder der so engagierten Sozialarbeiterin und der von uns allen so gerne, weil am unkompliziertesten, gesehenen schönen Fassade - der rosaroten Wattewelt hinter der der Seelentod lauert und in der Zuckerguss auf den Seelenkrebs gegossen wird und wir uns nur allzu gerne von dem Anstrich und dem Duft, der den unerträglichen Gestank übertüncht, zum Wegschauen manipulieren lassen. Wir sprechen von einer Welt, einem Krieg, der im Untergrund stattfindet und nur durch die gesellschaftliche Blindheit - so wie die Opfer von ihren TäterInnen für die Realität blind gemacht wurden - weiter von denen fortgesetzt werden kann, die ihre eigenen Kinder zu ihren Marionetten, ihren Sexspielzeugen, ihren Punchingballs, ihren Geliebten, ihrer Geldeinnahmequelle und ihren Seelenmülleimern, an denen sie sich als Ventil für ihr eigenes unverarbeitetes Drama unverblümt, ungesehen und ungestraft schadlos halten.

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