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Konfrontation

Aktualisiert: 10. Jan. 2020


Denn Wissen selbst ist Macht - Francis Bacon-



Konfrontation als Konzept?!

Das Konzept der Konfrontation ist im Rahmen unserer Vereinstätigkeit ein stark umstrittenes Thema. Dies ist nicht ganz unberechtigt, denkt man an die Betroffenen unter uns, die (noch) psychisch instabil sind, kein ausreichendes psychologisches, fachspezifisches oder gar medizinisches Netzwerk haben.  Aber was meinen wir, wenn wir über Konfrontation sprechen? Wo fängt sie an und wo hört sie auf bzw. reden wir hier wirklich von der Art Therapie, wie sie in Klinken oder bei Psychotherapeuten angewendet wird? 

Warum Konfrontation aus unserer Erfahrung unumgänglich ist:

Unsere Arbeit ist für und von Selbstbetroffenen, die praxisnahe Wege aufzeigt mit sich und seinem Schicksal einen Umgang zu finden. Jeder, der weiß was ihm Wiederfahren ist, weiß, dass es nicht wirklich möglich ist sich seinem Schicksal zu entziehen. Das erlebte Trauma, gerade wenn es sich im familiären Kontext abgespielt hat und oft auch gegenwärtig noch stattfindet, wird sich trotz des uns schützenden Verdrängungsmechanismus einen Weg ins Bewusstsein suchen. Dies geschieht durch die entsprechenden Nachwirkungen und Folgen, wie sie unter der Diagnose der posttraumatischen Belastungsstörung zu finden ist, aber auch auf andere mannigfaltige Weise. Dazu gehören zahlreiche psychosomatische Erkrankungserscheinungen, wie Spannungen im ganzen Körper, Kopfschmerzen, Verdauungsbeschwerden, depressive Verstimmungen, Burn out, Süchte, Essstörungen, Sexualstörungen, neurotische Verhaltensweisen, Wahrnehmung- und Angststörungen, Albträume, Unsicherheiten und Körpererinnerungen etc. All dies und vieles mehr beeinträchtigt uns in unserem sozialen Umfeld und hat bei weiterer Verdrängung das Potenzial sich zu einer manifestierten Erkrankung wie z.B. eine schwere Depression, die im Suizid enden kann oder aber auch einer Autoaggressionserkrankung wie unter anderem  Morbus Crohn, Colitis Ulcerosa, Fibromyalgie oder vom Magengeschwür bis zur Krebserkrankung.

Mit welchem Risiko sehen sich die Betroffenen, aber auch Hilfsorganisationen und TherapeutInnen konfrontiert?

Der betroffene Mensch kann sich selbst nicht leben und wird mit seinem Leid auf diese Weise konfrontiert. Die zusätzliche psychische Belastung drängt die betroffene Person immer weiter in ihr inneres Seelengefängnis zurück. Dies ist nicht nur Nährboden für Erkrankungen, nein, viel schlimmer TäterInnen und ihre Trittbrettfahrer fühlen sich durch diese vermeintlich Schwäche geradezu eingeladen diesen psychisch angeschlagenen Menschen erneut zum Opfer zu machen. Viele Betroffene glauben dadurch, sie seien es, die die TäterInnen anziehen bzw. fühlen sich durch diese "Schwäche" auch noch verantwortlich und schuldig. Diese innerer Fehlverknüpfung kann allerdings nur durch die Bewusstwerdung des oft so frühkindlich konditionierten Mechanismus im Rahmen einer fachkompetenten Aufarbeitung korrigiert werden. Hierzu gehört die Konfrontation, da der Mensch ohne die Sicht auf die Zusammenhänge und die ursprüngliche Traumatisierung sich innerlich nicht dazu abgrenzen kann und sein Trauma seine Gegenwart und damit auch die Zukunft bestimmt. Und dies mit der schrecklichen Folge, dass der Missbrauch, ganz gleich auf welcher Ebene, ob emotional, physisch oder auch sexuell weitergehen wird und sich wie ein roter Faden durch das Leben des Betroffenen zieht, wenn er sich nicht ausreichend stellen kann. Dass sich nun die psychischen, physischen, geistigen und sozialen Probleme proportional zur weitergeführten Traumatisierung intensivieren liegt auf der Hand und macht die Verdrängung, die uns schützen soll, zum zweischneidigen Schwert.

Täterkontaktabbruch als endgültige Lösung der Probleme?

Selbst wenn der betroffene Mensch es geschafft hat den Täterkontakt abzubrechen, im sicheren Hafen einer Opferschutzeinrichtung oder auch außer Landes gegangen ist, um sich ein neues Leben fern ab der Hölle, die er hinter sich lassen will, aufzubauen, wird er nicht darum herum kommen eben diese Mechanismen aufzuarbeiten, wenn er den Teufelskreis des Leides und des ewigen Opfers in sich nachhaltig durchbrechen will. 

Ist eine Flucht vor der eigenen Wahrheit möglich?

Es ist eine unumstößliche Tatsache, dass niemand vor sich selbst und seinem Schicksal weglaufen kann. Das Leben selbst ist es, welches uns tagtäglich mit uns selbst und den durch die Verdrängung verzerrten Facetten dessen, was uns Wiederfahren ist, konfrontiert.

Nun liegt es an jedem einzelnen selbst, wie er damit umgeht. Ist doch das was sich auf so vielfältige Weise in unser Bewusstsein und in unseren Alltag drängt genau das was wir zu so frühen Zeiten in unserem Leben nicht verarbeiten konnten und wir werden durch die Gefühle durch eine Zeitreise geschickt und fühlen uns, obwohl wir längst erwachsen wurden, nun oft wie das kleine Mädchen oder der Junge von einst. All die Gefühle die hochkommen, fühlen sich real und echt an, so dass es für uns ohne Vorkenntnisse durch entsprechende Hilfe und rein vom Verstand kaum möglich es hier eine innere Grenze zu ziehen oder eine Differenzierung herzustellen. Dies macht uns, obwohl wir mitten im Leben stehen, vielleicht sogar Karriere gemacht, eine eigene Familie und uns materiell abgesichert haben, zum erneuten Opfer und der innere Gefühlskonflikt fordert nicht nur gesundheitlich seinen Tribut. 

Oft ist es ein Schicksalsschlag oder das Unterbewusstsein spült die verdrängten Gefühle in das Bewusstsein, wenn es dem Menschen von außen betrachtet und für sich selbst in seiner Wahrnehmung sogar "relativ" gut geht.

Es drängt sich das nach oben, was wir unser Leben lang verdrängen mussten und uns Angst macht, wir versuchen erneut zu verdrängen, stärker als der innere Druck zu sein und dies gelingt uns trotz all der erlernten und perfektionierten Kompensationsmechanismen nicht mehr - das System kollabiert und wir schaffen es nicht mehr zu verdrängen und sind einem blanken Nerv gleich - hochsensibel, was uns schwächt und den TäterInnen für ihre Zwecke in die Hände spielt. Der (Abwehr-) Kampf geht in die nächste Runde. 

"Leben oder sterben", vor der Frage stand ich als mein Trauma im Alter von dreißig aufbrach." - Zitat einer Betroffenen

Durch den psychischen Zusammenbruch und dem oft fehlenden Zusammenhang zum Ursprung wirken wir mit dem was nun aus dem Unterbewusstsein hochgespült wird vor uns selbst und vor allem für TäterInnen unglaubwürdig und werden als eingebildete Kranke abgestempelt oder noch schlimmer auf das psychische Abstellgleis geschoben. Und uns fehlt nach dem jahrelangen oder gar lebenslange Martyrium die Kraft und die Fähigkeit uns ausreichend zur Wehr zu setzen. Erneut fühlen wir uns unserem Schicksal ausgeliefert und andere bestimmen über unser Leben. Das Opfer von einst wird retraumatisiert, stigmatisiert und im schlimmsten Fall auf ewig in den Fängen ihrer Vergewaltiger und Peiniger verbleiben und zur endgültigen Aufgabe gezwungen. 

Die Ohnmacht der Opfer, ist die Macht der TäterInnen!

Das bittere Gefühl der Unwissenheit, die Blindheit für sich selbst ist es, was Menschen, die auf diese tiefe und unglaublich schreckliche Weise traumatisierte wurden, in ihrem Opferdasein gefangen hält und was sie gleichzeitig innerlich zerreißt. Wenn man sich da vor Augen hält, dass jedoch die TäterInnen eben genau das wissen, was ihr Opfer in sich vor Angst und Schrecken verdrängt, erschließt sich warum Konfrontation so wichtig ist - Wissen ist Macht!

Die Macht der Opfer, ist die Ohnmacht der TäterInnen!

Das heißt, wenn der betroffene Mensch nicht nur weiß woher die Gefahr kommt, sondern wie genau seine, über so viele Jahre und auch Jahrzehnte, konditionierte Machtlosigkeit in ihn hineingebracht wurde und ihn scheinbar blind in gegenwärtige Gefahren hineinlaufen läßt, wird er im Stande sein die nötigen Konsequenzen zu ziehen, sich nachhaltig gegen mögliche Übergriffe und Attacken zu Wehr zu setzen und ein selbstbestimmtes Leben zu leben.

Wie Sie sehen, ist die Konfrontation unausweichlich und die Gefahr selbst zum TäterIn zu werden ist natürlich eine ebenso fatale Folge, wenn das Erlebte sich, durch kein anderes gesundes Ventil zu entladen, zuerst im Affekt, dann in der psychopathologischen Persönlichkeit den Menschen zu eigen macht.  


Wie kann der Weg sein?

Mit der nötigen Stabilität und Entschlossenheit, dem Bewusstsein über die möglichen Folgen und Gefahren, dem adäquaten und fachkompetenten Helfernetzwerk und dem erforderlichen Täterkontaktabbruch ist eine Aufarbeitung möglich. Ein wichtiger Faktor ist hier natürlich der Abstand vom "alten Leben" und der benötigte Schutz, um sich ein selbstbestimmtes Leben danach aufbauen zu können. (Der Link zum Video: https://www.youtube.com/watch?v=8jBF9scO9jo Durch die Nutzung der hier aufgeführten Links, erklären Sie sich mit den auf unserer Homepage beschriebenen Datenschutzbestimmungen, sowie den Nutzungsbedingungen von Drittanbietern einverstanden.)

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