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Die Verdrängung

Was ist sie genau, die Verdrängung? Und gibt es sie überhaupt, wie mancherorts angezweifelt wird?




Wo sollen sie sonst geblieben sein...


die zehn, zwanzig oder dreißig Jahre, die durchzogen sind von einem schwarzen Vorhang, wo nur hier und da bruchstückhafte Bilder des Alltags aufblitzen? Selbst einstige Kinderwünsche sind in der Dunkelheit verschwunden, vergessen und scheinbar verloren, zusammen mit dem Unaussprechlichen, hineingesogen in das schwarze Loch der Verdrängung im unendlichen All unseres Unterbewusstseins. Wie kann es also sein, dass unzählige Menschen auf dem gesamten Erdball kultur-, länder- und kontinenteübergreifend verdrängen und irgendwann, sobald sich Erinnerungen zeigen, sich an Dinge, die grausamer nicht hätten sein können, erinnern und nun wissen, dass sie zuvor in der Verdrängung lebten? Und wie kann es sein, dass vielleicht genauso viele Menschen Verdrängung leugnen, nur weil man sie bei all dem Suchen und Forschen einfach nicht finden kann? Nun, eine Verdrängung ist nun ein mal eine Verdrängung und dabei überaus geschickt, sich dem Auge des Betrachters zu entziehen. Einzig und allein dies ist ihre Aufgabe. Nicht mehr und nicht weniger.





Warum entzieht sich die Verdrängung blitzschnell, wenn man sie zu fassen kriegen möchte?


Das ist einfach erklärt. Sie hütet einen Schatz. Den Schatz unserer Lebensgeschichte, unserer traumatischen, missbräuchlichen oder wie auch immer gearteten Vergangenheit. Und damit dient sie dem Zweck, etwas vor uns selbst zu verbergen, ein Wissen, mit dem es sich schwer hätte weiterleben lassen. Wie wäre es wohl für ein Kind, das von den eigenen Eltern missbraucht würde, mit ihnen am Frühstückstisch zu sitzen, jeden Tag, immer wissend, was sie ihm angetan haben? Und dann zur Schule zu gehen, dem Unterricht folgen müssend, während die grausamen Bilder im Kopf in Dauerschleife laufen? Wie wäre es, sich dann mit anderen Kindern zum Spielen zu treffen, während der innere Schmerz das Herz zerreißt?




Wie sollte ein Menschenkind nach der Schule und dem Spielen mit seinen Freunden den Weg nach Hause schaffen, in dem Wissen, dass das Martyrium von vorne beginnt? Und niemals ein Ende nimmt. Ein Leben wäre unvorstellbar. Und daher hat sich die Natur den schlauen Mechanismus des Verdrängens ausgedacht. Denn ohne seine Eltern wäre das Kind allein physisch nicht überlebensfähig. Wir können uns also bei unserer Verdrängung bedanken, dass sie uns so lange beschützt hat, vielleicht so lange, bis wir aus eigener Kraft einen Weg gefunden haben, uns aus der Misere zu befreien. Denn ohne unsere Verdrängung hätten wir das alles wohl nicht überlebt.





Die Zweifler

Kommen wir noch ein mal zu denen unter uns, die daran zweifeln, dass traumatische Erlebnisse verdrängt werden können. Betroffene, die sich wieder erinnern, findet man hier selten. Denn sie wissen nur zu gut, was es bedeutet verdrängt zu haben und es in Teilen vielleicht immer noch zu tun. Es sind womöglich die Menschen, die entweder nichts Verdrängungswürdiges erleben mussten oder die im Gegenteil gerade der Verdrängung aufgesessen sind und somit wie viele andere keinerlei Zugriff auf die verdrängten Inhalte haben. Frei nach dem Motto "Aus dem Leben, aus dem Sinn". Oder sollte es doch besser heißen "Aus dem Sinn, aus dem Leben"? Die Verdrängung hat in diesen Fällen mehr als gute Arbeit geleistet. Was braucht es nun, um auch dem Zweifler in uns klarzumachen, dass Verdrängung möglich ist?




Im Bereich der Wissenschaft und Forschung sicherlich ein fast unmögliches Unterfangen, begibt man sich doch auf die Suche nach etwas, das trotz all der bestehenden Möglichkeiten und Methoden einfach nicht gefunden werden will. Und wenn man es finden würde, wie erfassen? Man stelle sich ein U-Boot vor, das in die tiefsten Tiefen unserer menschlichen Psyche abtaucht, um dort die Erinnerungsfetzen unserer Vergangenheit zu bergen. Vielleicht einzig die messbare Hirnaktivität bleibt, mit der wir uns versuchen können, versteckte Erinnerungen beweisbar zu machen. Obwohl, Beweise gäbe es viele, falls sie nicht fein säuberlich beseitigt worden wären vom Täter oder dem Betroffenen selbst. Die morgendliche weiße Ablagerung in den Mundwinkeln, der leichte Gestank, der einen umgibt oder die Schmerzen am ganzen Körper. Doch am Ende müssen wir auf all die Erfahrungen der vielen Therapeuten, Hilfsorganisationen und nicht zuletzt der Betroffenen selbst zurückgreifen, um uns mit der Tatsache anzufreunden, dass es die Verdrängung nun ein mal gibt und um dann vielleicht immer mehr zu verstehen, was es mit ihr auf sich hat.





Woher stammt der Begriff "Verdrängung"?


Nun stammt der Begriff der Verdrängung aus Zeiten, wo wir noch nicht ein mal geboren waren und der, der das Problem beim Namen nannte, seines Zeichens Sigmund Freud, wurde schon damals nicht dafür gefeiert. Jahre und Jahrzehnte, sogar ein ganzes Jahrhundert ist ins Land gegangen, und noch immer spaltet dieses Thema die Gesellschaft. Man könnte meinen, dass es nun bei allen angekommen ist: die Tatsache, dass nur weil man etwas nicht sehen kann dies noch lange kein Beweis dafür ist, dass es auch tatsächlich nicht existiert. Doch weit gefehlt. Noch immer kommt es vor, dass ein Betroffener für seine Glaubwürdigkeit und für die Anerkennung des ihm zugefügten Leids kämpfen muss, da es ja nicht sein kann, dass er sich nun an das Erlebte erinnert, wo es doch keine Verdrängung zu geben scheint.




Ein großes Thema, über das ausführlich zu schreiben den Rahmen sprengen würde. Doch schauen wir uns die Studienlage an. Vielleicht gibt es doch Beweise für die Existenz der Verdrängung, um auch den letzten Zweifler zu erreichen. Die nicht-repräsentative Recherche beginnt im World Wide Web. Seiten über Seiten zwar keine Informationen zu Studien, die sich der Frage widmen, ob es so etwas wie Verdrängung gibt, jedoch aber Artikel und Studienergebnisse zu den Vor- und Nachteilen des Verdrängens oder dem Zusammenhang zwischen Verdrängung und körperlichen Erkrankungen, was in diesen Fällen die Frage nach der Existenz der Verdrängung nichtig macht.





Das Ausmaß der Verdrängung


Zudem kann Verdrängung überall stattfinden, nicht nur im Kontext des sexuellen Missbrauchs und sowohl das Individuum betreffen als auch das Kollektiv. Sicherlich gibt es auch Gegenstimmen, aber einem Selbstbetroffenen, der wahrhaftig erlebt hat, was es bedeutet in der Verdrängung gelebt zu haben und somit diese nicht verleugnen kann, soll eine Auseinandersetzung mit denjenigen, die Gegenteiliges behaupten, nicht zugemutet werden, darf er sich doch lieber um sich und seine Genesung kümmern. Fazit: Die Verdrängung existiert. Daran gibt es keinen Zweifel.




Die, die es erlebt haben, wissen das. Die anderen haben es nicht erlebt und dürften sich darüber eigentlich kein Urteil erlauben. In welcher Form, bei welchem Trauma ist sehr individuell. Während der eine sich bildhaft an die an ihm verübten Misshandlungen erinnert, ohne sie jemals verdrängt zu haben, verdrängt der andere vielleicht schon bei geringfügigeren Vergehen. So ist jeder Betroffene und die Art und Weise mit dem Erlebten umzugehen unterschiedlich und hängt von Faktoren wie individueller Konstitution, Art und Schwere des Traumas, sozialem Umfeld und helferischem Netzwerk ab. Verdrängung existiert, ob wir es nun wahrhaben wollen oder nicht!




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