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Die Stimme von Betroffenen

Wie ist es mit Eurer Stimme, was würdet Ihr gerne wie und warum ausdrücken? Wie geht Ihr mit „verlorener Stimme“ um und was kann Euch helfen?


Die Stimme der Betroffenen ist zumeist nicht hörbar, da sie sich durch täterkonditionierte Scham- und Schuldgefühle, gepaart mit Todesangst durch ein ohrenbetäubendes Schweigen kennzeichnet. Ein auferlegter Maulkorb, der eine zumeist jahre- und jahrzehntelang bis an den Rand des Wahnsinns gequälte Seele, die dem Tod mehr als einmal ins Gesicht gesehen hat und ihn irgendwann attraktiver als das Leben selbst empfindet, in Schach halten soll. Diese Stimme ist alles andere als schön, sie ist laut, verzweifelt und erschreckend klar, da sie das Grauen ausdrückt, was nie gehört und gesehen oder erlebt werden sollte.

Betroffene von sexualisierter Gewalt innerhalb der Familie brauchen eine Stimme, eine Stimme, die sie selbst oft noch nicht erheben können. Zu sehr sind sie in dem Netzwerk von Mitwissern, Vertuschern und Verleugnern, die neben den TäterInnen stehen gefangen. Selbst wenn sie bereits erwachsen geworden sind, Aufarbeitung stattgefunden hat und ein klares Bewusstsein zu dem Erlebten vorhanden ist, ist der Weg an die Öffentlichkeit versperrt solange die TäterInnen und deren Trittbrettfaher leben und sie mit weiteren Übergriffen, Bedrohung und Verleumdungsklagen rechnen müssen.

Betroffene sind Menschen, die ein oft über jahre- und jahrzehntelanges Martyrium durchleiden mussten, was für einen nichtbetroffenen Menschen nicht vorstellbar ist und dieser bereits bei einem kleinen Auszug aus dem Leben eines derart traumatisierten Menschen, innerlich an seine Grenzen kommt.

Es gibt viele Schilderungen und Erzählungen über verschieden unfassbar schreckliche Lebensgeschichten und für die meisten Betroffenen wird selten der Ausdruck gefunden, wie es wirklich war und ihr Leid angemessen ausdrückt. Selbst in der heutigen Zeit ist es nicht leicht sich zu outen, selbst wenn man nicht mehr mit irgendwelchen Konsequenzen seitens der Peiniger von einst rechnen muss. Das Stigma und damit die Diskriminierung ist die gefühlte Bestätigung der von Täterseite tief ins Unterbewusstsein verankerten Schuld- und Schamgefühle und die Angst, dass einem niemand glauben würde und man keinen Platz in dieser Welt hat, außer bei ihnen.

Kein von klein auf, und damit systematisch sexuell missbrauchter Mensch geht aus dieser Hölle, innerhalb der eigenen Familie, ohne Wunden oder Verletzungen hinaus. Zu oft bewahrheiten sich auch in der heutigen Zeit auf direktem oder indirektem Wege, die ebenfalls von Täterseite immer wieder manifestierten Glaubenssätze: „Dir wird niemand glauben!“ „Du bist verrückt!" "Du wirst in der Psychiatrie landen!“ „Du bist krank!“ „Es ist und war Deine Schuld!“ „Du wolltest es doch so!“ etc., durch ein lückenhaftes Bewusstsein, wie sich diese komplexe Traumatisierung in der Psyche eines betroffenen Menschen auswirkt.

Auch werden die Spätfolgen, die oft dramatische Formen, wie zum Beispiel eine Suchterkrankung, Neurosen, Psychosen und Persönlichkeitsstörungen, die oft mit körperlichen Erkrankungen einher gehen, von den TäterInnen zur weiteren Schwächung und Demütigung in diesem Teufelskreis genutzt, um sich weiter an ihnen schadlos zu halten. Dies kann soweit gehen, dass TäterInnen die Betreuungsvollmacht für ihr mittlerweile erwachsenes Kind erhalten und damit einen Freibrief zu weiteren Straftaten und Vergehen.

Jeder Betroffene hat das Recht als Mensch gesehen und respektiert zu werden und hat ebenso das Recht sich und seine Erfahrungen so weiterzugeben, wie es wirklich war. Nicht um zu schockieren, sondern vielmehr um ein realistisches Bewusstsein möglich werden zu lassen, aus welchem dann gegenseitiges Verständnis, Anerkennung, ausgleichende Gerechtigkeit erwachsen kann und allem voran steht das Aufdecken der Täterstrukturen mit der schonungslosen Transparenz, damit die Ohnmacht der Opfer, auch durch das gesellschaftliche Tabu, gebrochen werden kann.

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