Vor über 100 Jahren gingen Frauen auf die Straße, um für eine Verbesserung ihres Lebens und das Wahlrecht für Frauen zu kämpfen. Auch wenn Frauen inzwischen das Wahlrecht haben, so erinnert uns der Weltfrauentag jedes Jahr aufs Neue an die Notwendigkeit, für eine vollständige und absolute Gleichstellung zu kämpfen.
Das Frauenwahlrecht
Alles begann 1911, als in Wien mehr als 20.000 Frauen auf die Straße gingen, um für ihr Recht zu kämpfen, wählen zu dürfen. Dies war die Geburtsstunde des Internationalen Frauentags, des Frauenkampftags! Es dauerte weitere 7 Jahre, bis letztendlich am 30.11.1918 den Frauen endlich in Deutschland das Recht zugestanden wurde, wählen zu dürfen. Aber warum eigentlich? Scheinbare "Gründe" gab (und gibt!) es davon reichlich und Gegner des Frauenwahlrechts sind und waren stets sehr erfinderisch, wenn es darum ging, den Frauen ihr Mitspracherecht streitig zu machen. Wir haben einige dieser "Begründungen" zusammengetragen:
"Wenn die Frau sich um Politik kümmert, leiden die Kinder."
"Die Frau gehört an den Herd und soll die Kinder versorgen." (Tatsächlich sollte nach dem 2.Weltkrieg der Internationale Frauentag und der Muttertag zusammengelegt werden, der Einfachheit halber und da es eh als ein und dasselbe betrachtet wurde.)
"Das Frauenstimmrecht zerstört Familien, weil am Esstisch dann über Politik statt über Harmonie und Liebe gesprochen wird."
"Frauen, die sich für Politik interessieren, verlieren ihre Weiblichkeit."
"Wenn Frauen eine Meinung haben, können sie diese ja ihrem Mann mitteilen, er wird dann für beide sprechen." usw. usw.
All diese Aussagen zeigen, dass die Frau eher wie ein unmündiges Kind oder eine Leibeigene angesehen wurde, nicht jedoch wie eine Erwachsene. Über Jahrzehnte mussten Frauen sich nach und nach ihr Recht auf Dinge erkämpfen, die für Männer längst eine Selbstverständlichkeit sind:
Erst 1962 konnte in Deutschland die erste Frau ihr eigenes Konto eröffnen, zuvor hatte nur der Ehemann die alleinige Entscheidungsgewalt über die Finanzen, auch über das Geld seiner Frau.
Bis 1958 konnte der Ehemann über das Dienstverhältnis seiner Frau entscheiden, d.h. je nachdem, in welcher Stimmung er war, konnte er ihr erlauben, arbeiten zu gehen oder ihr Arbeitsverhältnis einfach kündigen.
Seit 1980 haben Frauen und Männer (zumindest in der Theorie!) den Anspruch auf gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit.
Bis 1966 (!) hatte die Frau ihrem Mann die "Beiwohnung" (=Sex) zu gewähren, und zwar, man stelle sich das vor: "ohne Gleichgültigkeit oder Widerwillen zur Schau zu tragen".
Vergewaltigung in der Ehe
Wissen Sie, seit wann die Vergewaltigung in der Ehe strafbar ist? Oder seit wann es zumindest in Betracht gezogen wurde, dass eine Vergewaltigung in der Ehe überhaupt möglich ist? Im optimistischsten Falle könnte man jetzt denken: "schon immer, da es sich generell um eine Vergewaltigung handelt, wenn der Geschlechtsakt gegen den Willen der Frau vollzogen wird, egal, um wen es sich beim Täter handelt". Im schlimmsten Fall würde man vielleicht denken: "gut, wenn die Frau bis 1966 noch zum Sex mit ihrem Mann "verpflichtet" war, dann doch wohl direkt danach, also ab 1967." Aber nein, weit gefehlt. Die Vergewaltigung in der Ehe ist erst seit 1997 (!), 30 Jahre später, ein Strafbestand geworden. Was das über unsere "zivilisierte" Gesellschaft aussagt, wie viel Handlungsbedarf auch heute noch besteht, dazu ist jeder eingeladen, sich seine eigene Meinung zu bilden.
Falsche Suggestion der Medien: Wieso werden die Dinge nicht beim Namen genannt?
Laut des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugendliche sind über 98% der Vergewaltigungsopfer innerhalb einer Partnerschaft Frauen (Stand 2019). Dennoch wird bei dieser Straftat, z.B. innerhalb der Medien, immer wieder von "häuslicher Gewalt" gesprochen, kommt es dann noch zur Tötung der Frau, findet man in der Berichterstattung eventuell noch Begriffe wie "Familientragödie" oder "Beziehungsdrama", was zu einer kompletten Verzerrung der Wahrheit führt und den Eindruck entstehen lässt, Täter und Opfer würden auf einer Stufe stehen und den gleichwertigen Anteil der Schuld tragen, was nachweislich nicht der Fall ist. Vielmehr handelt es sich zumeist um eine "Vergewaltigung (bzw. Tötung) der Partnerin durch ihren Partner", wodurch ein weitaus realistischeres Bild gezeichnet wird.
Wenn überhaupt von Vergewaltigung in den Medien berichtet wird, dann sind es meist "reißerische" (und selbstverständlich nicht minder grausame!) Gruppenvergewaltigungen oder Vergewaltigungen durch Fremde, obwohl nachweislich mehr als die Hälfte aller angezeigten Vergewaltigungen vom Ehemann, Partner, Exmann oder Expartner verübt wird, dennoch findet diese Tatsache kaum Beachtung in den Medien.
Ein ähnliches oder noch abstruseres Bild wird von den Medien gezeichnet, wenn es um familiäre sexualisierte Gewalt geht. So findet man Überschriften wie "Inzest - Tochter und Vater haben eine sexuelle Beziehung" oder "Geschwisterliebe". Welcher Eindruck entsteht beim Lesen dieser Überschriften? Es entsteht der Eindruck, als würde es sich um eine zwar inzestuöse, aber durchaus gleichberechtigte "Partnerschaft" handeln, auch wenn eigentlich von grausamen Vergewaltigungen der Schwester durch den älteren Bruder die Rede ist bzw. die Medien in keiner Weise darüber berichten, welches Martyrium an Vergewaltigungen die Tochter von klein auf schon hinter sich hat, um sich später scheinbar "freiwillig" dem Vater zur Verfügung zu stellen, zum Einen, weil sie tief in sich abgespeichert hat, dass es besser ist mitzumachen, um den bei Gegenwehr noch schlimmeren Konsequenzen zu entgehen und zum Anderen, weil sie gezwungen war, die (sexuellen) Gefühle des Täters aufzunehmen und zu integrieren. Hier wird mehr als deutlich, wie viel Aufklärungsarbeit noch nötig ist und wie wichtig es ist, dass jede(r) einzelne von uns sich für dieses Thema öffnet, damit Frauen die Hilfe und Chancen bekommen, die sie brauchen. Natürlich soll an dieser Stelle auch noch einmal darauf hingewiesen werden, dass selbstverständlich auch Jungs und Männer Opfer von sexualisierter Gewalt und Vergewaltigung werden können!
Das Patriarchat: ein kulturelles Konstrukt
Woher kommt eigentlich das bei uns vorherrschende Patriarchat, also eine Gesellschaftsordnung, bei der der Mann eine bevorzugte Stellung in Staat und Familie innehat? Woher kommt die Idee des "starken Mannes" und das Bild der "Frau als das schwache Geschlecht"?
Bevor die Menschen vor ca. 12.000 Jahren sesshaft wurden, waren die Geschlechter weitestgehend gleichgestellt. Sie lebten als Jäger und Sammler, alle Mitglieder einer Gruppe waren gleichberechtigt, jeder tat sein Möglichstes, um das Überleben der Gemeinschaft zu sichern, Männer, Frauen und Kinder. Hinzu kommt, dass Frauen der Jäger und Sammler nur alle 4-6 Jahre ein Kind bekamen.
All das änderte sich, als die Menschen sesshaft wurden und den Ackerbau und die Viehzucht für sich entdeckten. Die Bäuerinnen wurden fast jährlich schwanger, hinzu kam die anstrengende körperliche Feldarbeit und die mangelnde medizinische Versorgung, all dies führte zu einer sinkenden Lebenserwartung der Frauen. Daraufhin wurden Frauen aus anderen Gemeinschaften geholt. Diese Frauen waren nun isoliert, von ihren Familien getrennt und hatten damit einen geringeren gesellschaftlichen Stellenwert. Gleichzeitig kam es zu vermehrten Konflikten und Kriegen, da das Land und der Besitz verteidigt werden mussten. Frauen waren jedoch fast ausschließlich mit Kinderkriegen bzw. dem Stillen und Versorgen der Kinder beschäftigt. Somit waren die Männer diejenigen, die in den Krieg zogen, dies und andere Formen der organisierten Gewalt verliehen den Männern Macht: Krieg und Kampf wurden das neue Leitbild der ultimativen Männlichkeit. Immer mehr wurden Frauen unterdrückt und in ihrer gesellschaftlichen Stellung herabgewürdigt. Der Grundstein des Patriarchats war gelegt. Dieses Bild verfestigt sich im Laufe der Jahrtausende immer weiter. Griechische und römische Philosophen sprechen im Laufe der Geschichte von den Frauen als dem "schwachen Geschlecht".
Ein weiterer "Meilenstein" in dem Versuch, die gesellschaftliche Stellung der Frau zu schwächen wird im Sündenfall in der Bibel deutlich: Eva hat im Garten Eden nicht auf das Wort Gottes gehört und muss nun dem Mann zur Strafe Untertan sein. Diese Vorstellung prägte letztendlich die gesamte westliche Welt und erleichterte die Gewalt gegen und die Ausbeutung von Frauen immens. Diese Vorstellungen sind auch heute noch so tief verwurzelt. Dennoch dürfen wir nicht vergessen, dass es ein künstliches, aus einer Zeit mit komplett anderen Lebensumständen entstandenes Konstrukt ist und im Vergleich zur Menschheitsgeschichte, die vor ca. 2 Millionen Jahren begann, im Vergleich dazu mit ihren 12.000 Jahren eine minimale Zeitspanne umfasst.
Wir alle haben ein Recht auf Gleichberechtigung!
Lasst uns gemeinsam für eine gleichberechtigte und sichere Welt kämpfen, in der wir Frauen mit Entschlossenheit und Stärke unsere Ziele erreichen, ohne jemals aufzugeben! Lasst uns zusammenhalten und uns gegenseitig unterstützen, ohne Neid oder Missgunst. Lasst uns jede Frau feiern, die sich zurück ins Leben kämpft, ihren Traum verwirklicht, sich mutig für ihre Wahrheit einsetzt und bereit ist, für sich und ihre Ziele zu kämpfen! Alles Liebe zum Weltfrauentag!
Solltet ihr Fragen haben oder Themen, die euch beschäftigen, könnt ihr euch natürlich auch jederzeit gerne an uns wenden. Wir sind gerne für euch da.
Telefon: (030) 35 13 50 94
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