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AutorenbildEl Faro Berlin

Die Fesseln der Opferrolle, wenn Gegenwehr und gesunde Aggression "böse" sind

Aktualisiert: 15. Aug.

Wenn Opfer sich als TäterInnen fühlen - Ich kann nicht aggressiv sein, dann bin ich so wie die!

Der Link zum Video:https://youtu.be/UpH4Mdziz98 Durch die Nutzung der hier aufgeführten Links, erklären Sie sich mit den auf unserer Homepage

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Opfer von Gewalt, unabhängig auf welcher Ebene, speichern Aggressionen als etwas Negatives ab, da es gegen sie gelebt wurde und sie spüren, wieviel Zerstörung es in einem Menschen hinterlassen kann. Viele Betroffene leben eher ein depressives Leben. Sollten Aggressionen zu Vorschein kommen, geschieht dies zumeist unkontrolliert oder in dem Rahmen, der ihnen vorgelebt wurde und sich unbewusst in ihnen abspielt – ja vielleicht sogar als ganz normal wahrgenommen wird und schließlich sein Recht ist als ein Leben lang gedemütigtes Opfer. Dieser Mensch wurde nicht nur von seiner Familie gedemütigt, sondern sieht sich auch von der Gesellschaft in vielen Bereichen entsprechend behandelt.

 

Gibt es „gute“ Aggressionen?

Was denken Sie lässt Sie jeden Morgen aufstehen – Sie Ihren Alltag bewältigen?

Wie schaffen Sie es Ihre Depressionen auszuhalten?

Warum machen Sie immer weiter, auch wenn es sich vielleicht hoffnungslos anfühlt? Warum geht es weiter, obwohl Sie sich innerlich eventuell schlapp und müde fühlen oder in sich das Gefühl tragen: ich will nicht mehr und ich habe bereits vor langer Zeit aufgegeben?

Was verleiht Ihnen die Kraft anderen zu helfen und das auch immer wieder, obwohl Sie sich selbst erschöpft fühlen?

Wie schaffen wir Menschen es Situationen zu meistern, die unmöglich scheinen?

All das machen wir, weil wir im positivsten Sinne „TäterInnen“ sind. TäterInnen kommt von Tat, von Machen, von Durchsetzen und um Dinge in die Tat umzusetzen, benötigen wir Kraft – unsere Lebenskraft und damit Aggression. Aggressionen sind Gefühle des Menschen wie viele andere auch, die wir zum Überleben und für unsere Evolution brauchen.

„Alle sagten: ‘Das geht nicht.’, dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht.“ – Autor unbekannt

 

Die zwei Seiten der Aggression: Aufbau und Zerstörung

Wir können mit Aggression etwas aufbauen oder etwas zerstören, es ist dieselbe Energie nur anders eingesetzt - und es ist eine Entscheidung. Wie bei allem ist das Maß, die Dosis entscheidend. Wenn Sie das auf ein Gefühl wie Angst oder auch Trauer beziehen, wird dieses Prinzip ebenfalls schnell deutlich.

Was ich damit sagen möchte, ist, dass alle Gefühle, die Sie in sich tragen, eine Berechtigung und auch eine Aussage beinhalten. Nichts, was Sie fühlen, kann also falsch sein und kommt irgendwo her. Wenn Sie also aggressiv sind, werden Sie als ein entwicklungstraumatisierter Mensch, der Aggression - in der auch Abgrenzung und Entscheidungsgewalt steckt - als zerstörend und gegen sich gerichtet erlebt hat, eher als beängstigend und negativ empfinden. Sie denken und fühlen vielleicht so etwas wie:

„Das ist schlecht!“

„Das ist nicht gut und das darf ich nicht!“

„Dann bin ich nicht besser als die TäterInnen!“

„Ich habe Angst davor!“

„Ich darf nicht wütend sein oder gar hassen – und schon gar nicht Menschen, die mir nah stehen oder so nah gestanden haben wie die eigenen Eltern!“

„Wenn ich mich auflehne, dann habe ich sicher schlimmere Konsequenzen für mich zu befürchten!“

Möglicherweise machen sich durch die Ängste zusätzlich auch verschiedene körperliche Symptome bemerkbar wie der berühmte Kloß im Hals, Atembeschwerden, Krämpfe und Verspannungen.

 

Blockaden

Prägungen, Dogmen und natürlich die Verbote und abgespeicherten Ängste, die ein entwicklungstraumatisierter Mensch durch sexualisierte Gewalt in sich trägt, blockieren das gesunde Aggressionsgefühl, um seinem Leben eine größere Wendung zu geben und ihm selbst das Gefühl zu geben, er erreicht aus sich selbst heraus Veränderung. Diese Blockaden werden, je länger sie anhalten und je älter der Betroffene wird, schließlich zu somatischen Beschwerden führen.

 

Was bewirkt diese Stauung der Wut?

Diese gestaute und geballte Aggression schlägt in vielen Fällen in die Depression um. Die Gefühle kehren sich durch die hohe, nicht gelebte Dosis um und so wird aus dem gesunden, positiven Gefühl etwas Toxisches und Zerstörung. Diese Zerstörung wird gegen sich selbst, durch die Unterdrückung seines Selbst und den damit verbundenen selbstzerstörerischen Gefühlen und Gedanken gelebt oder auch gegen andere, auf die der Unmut, die Schwere und die negative Lebenseinstellung projiziert und übertragen wird. Ungelebte, gestaute Aggression schlägt an einem bestimmten Punkt in Autoaggression um und wird sich am Ende auch in psychosomatisch bedingten Erkrankungen abbilden.

 

Kann nun kein gesundes Ventil für diese gestauten Gefühle geschaffen werden, werden sich diese in der Seele, dem Geist und dem Körper des Menschen Raum verschaffen, ähnlich wie einem sich immer weiter ausbreitendem Gift. Das Opfer ist dadurch zwangsläufig in einer Reinszenierung und Wiederholungsschleife gefangen. Reichen kompensatorische Wege also nicht mehr aus, weil das Trauma von innen mehr und mehr Druck aufbaut, neue negative Erfahrungen von außen hinzukommen und sich gleichzeitig unsere Lebenskraft, die nicht gelebt werden kann, auch immer wieder in uns erneuert, kommt es zum berühmten Tropfen im überlaufenden Fass: das Schutzsystem dekompensiert mehr und mehr, so dass der Mensch zunehmend seelisch isoliert, unkontrolliert aggressiv und verletzend wird. So wird aus der Verdrängung der Aggression, die schützen sollte, das absolute Gegenteil, da nun das Opfer auf dem Weg in den Täter ist. Dies geschieht, durch die tiefe innere Abwehr dagegen zunächst unbewusst und unfreiwillig und richtet sich zuerst gegen sich selbst und im Affekt gegen andere. Den Anfang macht zumeist emotionale Gewalt, die sich dann zur physischen Gewalt steigern kann. Auch selbstverletzendes, autoaggressives Verhalten ist häufig eine Form, wie TäterInnen das Opfer behandelt haben und kann, wenn auch auf einer widersprüchlichen Art, dem Täterverhalten zugeordnet werden. Der Mensch reinszeniert also nicht nur die Opferrolle, sondern kommt nun in die Täterrolle. Dies reicht im schlimmsten Fall so weit, dass das immer mehr verlorene und gefangene Opfer zu einem der TäterIn wird, durch den es selbst so gequält wurde und sexualisierte Gewalt erlebt hat. Ein Opfer wird zum Täter, da es bei fehlender Unterbrechung des traumatisch bedingt vorgegebenen psychologischen Weges den ansteigenden inneren Konflikt nicht mehr anders kompensieren kann und sich die Gefühle so, der Prägung und den pathologischen Vorbildern nach, unkontrolliert entladen. Eine fatale und unbedingt zu vermeidende Entwicklung!

 

Nach diesem Gefühlsablauf, der sich durch die immer weiter fortgeführte Verdrängung und vermutlich auch weiteren Täterkontakt immer tiefer in Richtung (Selbst-)Zerstörung und damit (Selbst-) Aufgabe bewegt, wird einmal mehr deutlich, wie sehr ein Mensch sich verlieren kann, wenn er seinen Gefühlen nicht irgendwann ein bewusstes Ventil, einen konstruktiven Ausdruck verleiht.

Neben diesem fatalen Weg, der natürlich nicht zwangsläufig im „TäterIn-Dasein“ münden muss, führt die konfliktbedingte Depression zur tiefen inneren Lähmung und das Risiko den Suizid nicht mehr auszuschließen, steigt. Wird die Spirale nicht unterbrochen nimmt der Druck weiter zu, so dass sich bewusst und unbewusst im Umfeld die ein oder andere Hässlichkeit, Ungerechtigkeit oder auch Übergiffigkeit zeigt. 21

 

Ein echter Ausweg, den traumatischen Gefühlen über Verdrängung zu entkommen, ist nicht möglich – aber jeder einzelne von uns entscheidet darüber, wie er mit ihnen umgehen möchte.

 

Wie finde ich zurück zu meinen eigenen, gesunden Aggressionen?

Wenn ich dazu meinen Weg zugrunde lege: üben, üben, üben.

Als mir bewusst wurde, was mir meine Eltern angetan haben und viele andere auch, spürte ich zunächst den Schock, die Erleichterung darüber, dass ich endlich verstehen konnte, woher meine ganzen Probleme kamen und natürlich auch den Schmerz und die tiefe Trauer.

Die Trauer zuzulassen war relativ leicht, schließlich war das das Ventil, was meine Familie mir nicht zerstört hatte. Sie waren selbst depressiv, so dass es für sie angenehmer war, wenn ich ebenso depressiv war. War ich als Kind aggressiv und drückte dies natürlich auch in Lebensfreude aus, wurde ich nicht nur durch sexuelle Übergriffe „auf Kurs“ gebracht, sondern auch durch die depressive und unterschwellig aggressive Grundhaltung zuhause. Dann gab es entsprechende Sanktionen wie Schläge, Beschimpfungen und Maßregelungen, die mich zum Weinen brachten und dann war Ruhe. Heute weiß ich, dass meine Eltern es nicht ertragen haben, wie sehr ich ihnen ihr eigenes Kind von einst spiegelte, und dass ich zu der Zeit schon stärker war als sie, da sie sich längst verloren hatten. Dieses Muster zog sich durch mein ganzes Leben und die Gewaltexzesse meiner Eltern verdrängte ich, um mein Leben zu ertragen und die Lernerfahrung war, dass aggressives, lautes und lebendiges Verhalten schlecht bis lebensgefährlich war.

 

Ich entwickelte mich also zwangsläufig zu einer „Ja-Sagerin“, war introvertiert und angepasst. Ziel war es: nicht aufzufallen und ich war verdammt zu einem Leben ohne Individualität, Freiheit oder Selbstbestimmtheit.

 

Nun ging es in der Aufarbeitung schließlich um die Wut, aber die spürte ich gar nicht. Es war mir noch nicht mal möglich leise das Wort „scheiße“ auszusprechen in Bezug auf das, was mir angetan wurde. In anderen Situationen war dies möglich aber in Bezug auf meine Eltern, auf das, was ich nun bloßstellte? Mich über all die so tief ins Unterbewusstsein geschlagenen Verbote und lebensbedrohlichen Ängste hinwegzusetzen, auch wenn ich heute dreißig Jahre älter war als damals? Unmöglich! Selbst diese Verbote und Ängste konkret zu spüren, war nicht möglich.

Ich fühlte mich leer an der Stelle, mein Hals schnürte sich zu und ich war wie taub. So wie fast mein ganzes Leben fühlte ich mich taub, nicht da, nicht existent und unsichtbar für mich und andere.

Eine lange Reise lag vor mir, mir die gesunde und heilsame Wut wieder zu erlauben, die mir verboten und aus dem Leib geprügelt und gef... wurde. Zu erkennen, wie gut und befreiend dies war und dass mir heute nichts mehr passieren kann, wenn ich meine Gefühle und Gedanken in mir zulasse, war unbeschreiblich.

Ich kam nach und nach wieder bei mir und damit in meinem Leben an. Auch die Erkenntnis, die darin liegt, dass ich sehr wohl Rechte habe und ein freier und selbstbestimmter Mensch bin, der sich wehren und auch für seine Belange einsetzen darf, verschaffte mir eine Dynamik, an die ich schon nicht mehr geglaubt habe, sie für mein Leben zu haben.

Die Stärke wiederzufinden, dass ich mich durchsetzen kann und dies nicht nur als „Eintagsfliege“ oder nach dem Motto: „Ein blindes Huhn…“, sondern mit dem wiedergewonnenen Glauben an mich selbst und der tiefen inneren Entscheidung, nie wieder Opfer sein zu müssen oder gar im Ansatz in den Fußstapfen meiner TäterInnen zu wandeln, weil ich Mitmenschen unbewusst und aus der Verrohung heraus verletze, war lebensverändernd. Die Öffnung zu den Gefühlen, die all die Jahre tief unter dem Trauma lagen, ermöglichte es mir mich wieder selbst zu spüren. Es war großartig und dafür hat sich der Weg, den Schmerz und das Leid nochmals bewusst zu spüren, um innerlich aufzuräumen und auszumisten, mehr als gelohnt. Denn ich habe nicht nur gelernt mich für mich durchzusetzen, Grenzen zu ziehen und zu wahren, sondern vielmehr auch über diesen Weg gesehen, wozu ich trotz allem im Stande war und welche Lebenskraft mir mein kreatives Überleben sicherte! Genau in dieser eigenen Stärke lag und liegt die Angst der TäterInnen! Denn diese Kraft bewirkt Veränderung und die lebenswichtige Machtumkehr durch die sich erhebenden Überlebenden!

 

Sprengen der Ketten – Aggression als Befreiung

Nach und nach ging es mir nicht nur seelisch, sondern auch körperlich und geistig besser. Ich fand für all die anderen Schwierigkeiten in meinem Leben die nötige Dynamik und Entschlossenheit auch hier aufzuräumen und mich von den zerstörerischen Konditionierungen zu befreien. Ich fing an, meine Gedanken und Gefühle auf den Prüfstand zu stellen und zu hinterfragen, ob das wirklich meine sein können oder ob es etwas mir von den TäterInnen Übergestülptes aus der Vergangenheit ist. Denn eines stand nun fest, alles, was mir übergestülpt wurde, diente einzig und allein den TäterInnen und schadete mir. Es schützte sie und trieb mich immer mehr in die Verzweiflung und Depression und damit in ihre Arme und Abhängigkeit zu ihnen oder irgendwelchen Trittbrettfahrern, die ihnen ähnelten. Ich lebte nach der Regel: Wenn ich etwas fühle und denke, was schlecht für mich ist, gehört es nicht zu mir und ist ein Arbeitsthema.

Ohne den Zugang zu meinen Aggressionen hätte ich den äußeren und inneren Teufelskreis nicht durchbrechen können, um mich für mich selbst durchzusetzen. Dies galt für die Überprüfung in meinen Handlungen, meinem Verhalten und in der Art, wie ich mich, andere und die Welt sehe und wie ich mit mir und anderen umgehen möchte. Zur Selbstfindung gehört immer Selbstbehauptung und damit der Mut auf sich selbst zu hören und Mut erfordert Kraft, Durchsetzung und damit auch eine Form von Aggression. Heute empfinde ich große Dankbarkeit für meine Kraft und Aggression, weil ich sie heute als Erwachsene bewusst und konzertiert für mich, mein Leben, meine Ziele und für andere einsetzen kann.

 

Memo an dich:

Du darfst wütend sein! - Selbstregulierung

Die Natur hat dich mit gesunden Aggressionen ausgestattet, damit du dich mit deinen Instinkten und Reflexen im Verhältnis zur Bedrohung selbst verteidigen und zur Wehr setzen kannst. Die Notwehr ist im Grundgesetz verankert. – Selbstverteidigung

Aggression ist deine Durchsetzung in allen Lebensbereichen und hat dich überleben lassen. - Selbsterhaltung

Aggression hilft dir Grenzen wieder aufzubauen, die dir genommen wurden, sie dann zu halten und wenn nötig sie auch auszuweiten. – Selbstsicherheit

Aggression gibt dir die Fähigkeit zurück deine Kräfte kennenzulernen, auszubauen und auszuloten. - Selbstvertrauen

Wut und Aggression ist etwas Gutes und Natürliches, wenn sie kontrolliert, bewusst und konstruktiv gelebt wird. - Selbstbewusstsein

Aggression ist Kraft und hilft dir dich zu schützen, auf dich aufzupassen und aus deinen Erfahrungen zu lernen. - Selbstschutz

Aggression hilft dir, dich zu behauten und dich selbst zu leben. – Selbstbehauptung

Aggression und Durchsetzung hilft die, trotz aller Umwege, immer wieder bei dir selbst anzukommen. - Selbstfindung

Deine innere Kraft und Stärke aus all diesen Punkten zeigen dir, wer du bist. - Selbstachtung

 

Zur Unterstützung und zur stetigen Bewusstmachung habe ich mir damals kleine Haftnotizen mit solchen oder auch anderen Memos an mich selbst an den Badezimmerspiegel oder in der Wohnung geheftet.

So habe ich mich mehr und mehr mit meinen neu erlernten positiven Gedanken und Gefühlen umgeben und mich mit mir selbst aufgeladen, um mich neu innerlich auszurichten. Steter Tropfen und immer weniger Raum für Negatives.

Zu oft habe ich als Betroffene gehört, was alles nicht gut für mich ist und nun war und bin ich es selbst, die mir ebenso oft sagen muss, wie mein Leben für mich funktioniert, wie es meinem Empfinden und meiner individuellen Persönlichkeit entspricht.

 

Ich bin 24h am Tag mit mir zusammen und heute, da ich erwachsen geworden bin, bin endlich ich der Chef/die Chefin in meinem Leben und wenn ich es nun schaffe für den traumatisierten Teil, dem verletzten inneren Kind in mir, mich zu der positiven Mutter und zu dem positiven Vater in mir zu entwickeln, den Eltern also, die ich mir immer gewünscht habe, finde ich über meine innere Durchsetzung nicht nur mein Leben zurück, sondern auch die Liebe zu mir selbst. – Selbstverantwortung, Selbstachtung, Selbstwert und Selbstliebe

 

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