Sexualisierte Gewalt kann nicht verharmlost oder geleugnet werden, wenn sie passiert ist.
Ein Ende von familiärer sexualisierter Gewalt - Inzest - ist eine Entscheidung zwischen Leben und Sterben.
Täter*Innen übertragen ihre Abhängigkeiten auf ihr Opfer. Die erwachsenen Kinder sind im Trauma gefangen und werden gezwungen sich mit dem Täter*In zu identifizieren, bis hin zur Sexsucht.
Die Abhängigkeit der Täter*Innen zum Opfer und die Angst vor Strafverfolgung wird sie ihr Opfer verfolgen lassen.
Kontaktabbruch und der Tod der Täter*Innen wird keine Garantie sein, dass es vorbei ist. Di traumatischen Mechanismen wirken bis zur Aufarbeitung weiter.
Familiäre sexualisierte Gewalt und Inzest im Erwachsenalter ist ein Schwerpunkt unserer Arbeit. Immer wieder erleben wir es, dass Betroffene nicht ernst genug genommen werden und es ihnen damit massiv erschwert wird, sich zu öffnen und aus dem Teufelskreis fliehen zu können. Selbst TherapeutInnen können oft nicht glauben, wenn eine erwachsene Person, die selbst Kinder hat und vielleicht sogar eine berufliche Karriere vorzuweisen hat, ihnen berichtet, dass sie durch den eigenen Vater und / oder der Mutter sexualisierte Übergriffe erlebt und ihr Leben davon bestimmt ist. Zu perfekt ist die äußere Fassade und immerhin sitzt doch ein erwachsener und selbstbewusster Mensch vor ihnen. Eine Tragik, die der Verdrängung, der Scham- und Schuldgefühle und den Täterintrojekten, samt ihren Verboten gekoppelt mit Todesängsten in dem Opfer wirken, geschuldet sind. Auch hier braucht es unsere gemeinschaftliche Aufmerksamkeit und den Tabubruch. Denn in leider viel zu vielen Fällen, hört der sexuelle Missbrauch nicht in der Kindheit auf - warum auch, wenn sich die Gesamtsituation innerhalb der Familie nicht wesentlich ändert, TäterInnen nicht aufgehalten werden und die Verdrängungs- und Abschaltmechanismen im Opfer nicht aufgearbeitet werden konnten und über die Jahre und Jahrzehnte der Mensch schon so tief manipuliert ist und die eigene Wahrnehmung - auch zwischen Recht und Unrecht - völlig in Richtung Täterschutz verschoben ist. Täterschutz bedeutet in dem Zusammenhang auch, die Taten zu rechtfertigen, zu verharmlosen, zu glauben, dass es die eigene Schuld war, man es selbst so braucht, den Täter zu lieben und vieles weitere mehr. Durch das Unverständnis des Abschaltens, der Dissoziation, wird dem Opfer der Zugang zu den eigenen Gefühlen genommen. Ängste und Fluchtgefühle, die uns natürlich warnen sollen, ebenso wie der Zugang zu den Aggressionen, um uns zu wehren und unser Leben zu verteidigen, werden nicht mehr wahrgenommen und die Falle schnappt immer wieder zu.
Der Mensch ist gefangen in der Gefühlswelt des Täters oder der Täterin, die ihn wie unter Hypnose in seinen Bann zieht und ihn blind für die Gefahren macht. Es ist vergleichbar mit Lockstoffen einer Venusfalle und kann Liebe, schlechtes Gewissen, der Appell an das Verantwortungsbewusstsein seinen Eltern gegenüber, Angst, Verzweiflung und vieles mehr sein. Auch das eigene Ego, falscher Stolz und Übermut es vielleicht doch allein gegen die Eltern, die nicht als Straftäter und damit in dem Ausmaß der lebensbedrohlichen Gefahren gesehen werden können, aufnehmen zu können, kann zum k.O. führen. Daher ist Verdrängung natürlich Schutz und gleichermaßen die größte Gefahr, um nicht blindgemacht in die über all die Jahre so ausgeklügelten Fallen zu laufen. Die Hoffnung es reiche, wenn man selbst den Kontakt abbricht und von sich aus die TäterInnen in Ruhe läßt ist, leider auch eine falsche, da das Opfer unterschätzt, dass es in diesem Kontext Lebensinhalt, Lebenselexier und Lebensversicherung für die eigenen Eltern - als Täter - ist. Eigene kleine Erfolge, den Kontakt zu minimieren oder selbstbestimmte Räume zu schaffen ist eine Provokation und versetzt TäterInnen in Stress, da sie genau wissen, was auf dem Spiel steht und dementsprechend werden sie Mittel und Wege finden ihr Opfer wieder auf Spur zu bringen. Das Opfer, gefangen in der Angst und damit in der Verdrängung, kann gar nicht so verrückt, brutal und heimtückisch denken, wie die TäterInnen Wege finden werden. Dies liegt auch an den Minderwertigkeitsgefühlen, die es in sich trägt und sich seiner Bedeutung in dem teuflischen „Spiel“, welches scheinbar ohne sein Wissen mit ihm gespielt wird weiß. Es ist nicht zu erfassen, da man selbst als Opfer in dieser mehr als schrecklichen Zeit, die gesamten Kräfte in die nur notdürftig mögliche Regeneration des letzten Übergriffs und in das Überleben stecken muss und für diese Phase nur froh ist, wenn gerade einfach mal nichts passiert. Ein gleichsam verständlicher Prozess wie auch der, der die meisten Gefahren birgt, weil die TäterInnen ihr Opfer von sich aus nicht in Ruhe lassen werden. Sind sie doch abhängig von ihm und es hält sie ja auch niemand ab. Es ist ein Ausbruch nötig, um sein Leben nachhaltig zu verändern und nicht nur die TäterInnen aus seinem Leben zu verbannen, sondern auch den entstandenen „Seelenkrebs“ - die Gefühlsmanipulationen und Täterprogramme - so zu bearbeiten, dass auch über den Kontaktabbruch oder den Tod der TäterInnen hinaus kein Trittbrettfahrer mehr die Möglichkeit hat alte Mechanismen wieder wachzurufen. Diese bewusste Auseinandersetzung kann nur stattfinden, wenn der zum Opfer gemachte Mensch, sich sicher fühlt und nicht alle Ressourcen für den Überlebensmodus benötigt. Opferschutz ist ein wichtiger und erforderlicher Faktor, um über die Regeneration die Öffnung für die Traumatisierung und ihre Mechanismen zu finden und damit Schritt für Schritt den TäterInnen realistisch als Erwachsener innerlich - und im Zweifel auch äußerlich - entgegentreten zu können. Dadurch, dass diese extrem schwere Form von Dauertraumatisierung sich natürlich auf alle Ebenen mit ihrer Negativität Raum verschafft hat, wird sich im Zuge der Aufarbeitung natürlich auch die Symptomatik der Spätfolgen verbessern und auch die Prophylaxe selbst zum TäterIn zu werden wird realistisch möglich und damit ein selbstbestimmtes Leben danach.
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