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Stellungnahme zur Reportage über die Hamburger Heilpraktiker Fachschule

Aktuell gibt es im Format Vollbild vom SWR eine Reportage über die Hamburger Heilpraktiker Fachschule aus der 1999 auch der Verein zur Hilfe und Unterstützung von Opfern sexuellen Missbrauch und Gewalt e.V., „ El Faro“ Hamburg gegründet wurde. Über die Jahre entstanden unsere unabhängig voneinander arbeitenden Niederlassungen in Berlin und Hannover.

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In dieser, aus unserer Sicht, sehr einseitigen und vorverurteilenden Reportage werden schwere Vorwürfe gegen die Hamburger Heilpraktiker Fachschule, die weiteren Standorte in Berlin und Hannover, sowie auch die ortsansäßigen Vereine von "El Faro" erhoben. Daher möchten wir mit der folgenden Stellungnahme unsere Seite darlegen. Gleichzeitig laden wir herzlich zu einem persönlichen Gespräch ein, um weitere Fragen zu beantworten.

Stellungnahme
Antwortschreiben

 

Stellungnahme zur Reportage SWR Vollbild vom 9. Mai 2023

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In dieser Reportage erheben ehemalige Schüler:innen schwere Vorwürfe gegen die Hamburger Heilpraktiker Fachschule und wir werden als „Psychosekte“ bezeichnet. Dies weisen wir, wie den Vorwurf der Suggestion falscher Erinnerungen, in aller Deutlichkeit zurück.

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Auch möchten wir an dieser Stelle festhalten, dass die erwähnten früheren Gerichtsverfahren alle zu unseren Gunsten entschieden wurden.

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Wir sehen uns im Fokus einer erneuten Hetzkampagne, die aus unserer Sicht andere Motive als die vorgegebenen haben.

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In dem Beitrag wirft u.a. eine Mutter unter Pseudonym der Hamburger Heilpraktiker Fachschule Suggestion von familiärem sexuellen Missbrauch vor. Es bleibt, wie vieles andere unerwähnt, dass ihre zweite Tochter vor Jahren zu uns in den Opferschutz nach Berlin gekommen ist. Ähnlich verhält es sich mit der dritten männlichen Person und einer bei uns schutzsuchenden Betroffenen in dem Beitrag. Es wird subjektiv und undifferenziert geurteilt und weitere einseitige Fehlinformation gestreut.

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In Hamburg, Berlin und Hannover teilen sich die jeweilige Heilpraktiker Fachschule mit dem ortsansäßigen Verein zur Hilfe und Unterstützung von Opfern sexuellen Missbrauchs und Gewalt e.V., „El Faro“ die Räumlichkeiten. Es sind zwei getrennte, im Thema verwandte Organisationen, die die unterschiedlichen Bedarfe von Betroffenen und Interessierten abdecken. Dies ist für jeden, der zu uns kommt transparent und die Menschen berichten uns aus freien Stücken von ihren Erlebnissen.

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Der Schutz der Betroffenen steht für uns an erster Stelle. Wir verstehen den Druck auf uns als eine klassische Täter-Opfer-Umkehr mit der versucht werden soll, die bei uns schutzsuchenden und engagierten Betroffenen zu zwingen öffentlich zu werden oder gar ein belastendes Verfahren der Strafverfolgung gegen die sie bedrohenden Täter:innen anzustreben. Wenn dies bedeutet unseren Ruf aufs Spiel zu setzen, dann sind wir bereit dies zu tun, da wir als Selbstbetroffene wissen, was es bedeutet überlebt zu haben und wie wichtig es ist, sich und sein von Traumafolgestörungen belastetes Leben zu schützen.

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Die Berichterstattung von SWR Vollbild ist aus unserer Sicht vorverurteilend, suggestiv und einseitig. Durch geschickte Schnittführung, einer hohen Redundanz, sowie einer subjektiven Auswahl von Gesprächspassagen wird ein extrem manipulatives Bild abgegeben. Belastende Aussagen werden mehrfach wiederholt, während entlastende Aussagen nur kurz und einmalig erwähnt werden. Ebenso werden suggestive Mittel, wie falsche Betonungen im Nachsprechen aus vertraulichen Gesprächen eingesetzt. Auch das Zeigen von längst veraltetem Lehrmaterial, sowie die Kameraperspektive zwischen die Beine der Therapeutin sehen wir als fragwürdig an. Wir fragen bei dem manipulierten und fiktiven „Therapiegespräch“, sowie bei den umstrittenen geäußerten Lehrmeinungen der Fachleute und dem fehlenden Hinweis auf die wissenschaftlich belegte dissoziative Amnesie als Traumafolge, nach Validität der Aussagen und seriösem Journalismus.

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Als Heilpraktiker Fachschule mit dem Schwerpunkt Psychosomatik sehen wir uns wissensvermittelnd und regen ein Mitdenken von Entwicklungstraumatisierungen in einem psychosomatisch bedingten Krankheitsbild an. Mit unserem Schwerpunkt sehen wir den Heilpraktikerberuf als Begleitung zur Schulmedizin, im Bereich der Seelsorge und als Lotse im Gesundheits- und Hilfsnetzwerk. Der Verein „El Faro“ erfüllt den satzungsgemäßen Zweck in der Hilfe und Unterstützung von Betroffenen und im Opferschutz, insbesondere im familiären Kontext.

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Behauptung der Suggestion, bewusster Erzeugung falscher Erinnerungen, Nötigung, Zwang oder Pauschalisierung und deren Folgen durch uns ist schlichtweg falsch. Weiter entsteht der Eindruck von Verunglimpfung und Stigmatisierung der Betroffenen gegenüber, denen wir geholfen haben und die sich heute selbst aktiv für andere Betroffene engagieren. Dies wirkt parteiisch, macht sie erneut zum Opfer und stößt auf scharfe Kritik unsererseits.

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Uns wurde beim Erstkontakt per email nicht der Eindruck einer fairen Berichterstattung vermittelt, so dass wir uns zu einer schriftlichen Antwort entschieden haben. Selbst ausführliche Erklärungen zu der komplexen Thematik und unserer Arbeit nahm der SWR nicht zum Anlass uns den Eindruck zu geben, sie seien ernsthaft an der Darlegung unserer Seite in dem Bericht interessiert.

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Für ausführliche Informationen stellen wir hier gerne unsere ausführliche schriftliche Antwort zu der Reportage zum Nachlesen zur Verfügung:

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1. Antwortschreiben

 

Gerne sind wir für eine faire und realistische Berichterstattung bereit Ihre Fragen schriftlich zu beantworten. Besonders in der momentanen Zeit findet eine große Diskussion um die Glaubwürdigkeit der Betroffenen von sexualisierter Gewalt statt, auf die ich im Weiteren noch eingehen werde.

 

Gerne stellen wir uns den Fragen ehemaliger Schüler:innen in einem persönlichen Gespräch, jedoch können wir ohne konkrete Angaben über die Authentizität Ihrer Quellen, in Form vom Namen, dem Ort, dem Zeitpunkt und der genauen Situation, nicht entsprechend antworten.

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Gleiches gilt für das von Ihnen erwähnte Lehrmaterial. Aufgrund der Fülle von Lehrmaterial benötigen wir einen Titel des Lehrbuches, um dem Kontext entsprechend antworten können.

 

Zu unserem Ausbildungskonzept, welches auf empirischem Wissen aus 35 Jahren Erfahrung basiert, können wir sagen, dass wir uns mit dem Schwerpunkt der Psychosomatik mit Symptomen und Erkrankungsbildern beschäftigen, die erfahrungsgemäß ihre Ursache zumeist in unverarbeiteten Bewusstseinsinhalten in der Kindheit und Jugend haben. Dies ist die Basis für innere Konflikte, die sich auf das Nervensystem auswirken und zu entsprechenden Symptomen und Erkrankungen führen können. Auch in der klinischen psychosomatischen Medizin ist bekannt, dass das Lösen der Konflikte die Erkrankungsbilder positiv beeinflussen.

 

Liegt ein erfahrener Missbrauch oder Gewalterleben vor, kann dies sich auch als psychosomatisches Bild zeigen. In der Aufarbeitung des inneren Druckes ist zu beobachten, wie sich körperliche Symptomatiken zurückbilden können. Dies ist neben der körperlichen, ebenso auf die seelische und geistige Ebene übertragbar und in der therapeutischen Arbeit immer mehr bekannt.

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Da jeder Mensch unterschiedlich mit erlebten Traumatisierungen umgeht, sind die Traumafolgestörungen ebenso individuell, sowie auch der Wunsch sich mit dem Erlebten erneut auseinandersetzen zu wollen oder nicht.

 

In unseren Vorträgen und den Ausbildungen geht es uns um reine Wissensvermittlung aus unserer Erfahrung im Kontakt mit Betroffenen und die Möglichkeit des sexuellen Missbrauchs und / oder Gewalt als Ursache für das Leid eines Menschen, welches sich auf allen Ebenen ausdrücken kann, mitzudenken. Wir verstehen uns als Fachschule aufklärend und wissensvermittelnd. Die Behauptung der Suggestion, bewusster Erzeugung falscher Erinnerungen, Nötigung, Zwang oder Pauschalisierung und deren Folgen durch uns ist schlichtweg falsch. Jede:r Mensch, der zu uns kommt, weiß mit welchen Themen wir uns beschäftigen.

 

Für Studien und wissenschaftlichen Arbeiten möchte ich mit Nachdruck auf eine dem Thema würdige Qualitätssicherung verweisen. Diese sollten betroffenenorientiert bzw. unter der Mitwirkung von fachkompetenten Selbstbetroffenen verfasst sein, die über die zusätzlich nötigen Kenntnisse verfügen. Gleiche Standards sollten von Expert:innen erwarten werden können, um sich adäquat fachkompetent positionieren zu können, damit in diesem ohnehin schon schwer zu beleuchtenden Feld nicht noch weitere Verwirrung mit fatalen Konsequenzen für die Betroffenen erzeugt wird.

 

Die von Ihnen erwähnte Studie von Prof. Dr. Comburg ist leider nicht auffindbar, so dass eine Stellungnahme dazu nicht möglich ist.

 

Auf die Frage hin, ob es einen Zusammenhang zwischen Täterschaft und Betroffenheit gibt, können wir auf Erfahrungswerte aus Betroffenenberichten von über dreißig Jahren Arbeit in dem Bereich zurückgreifen. Diese zeigen einen sehr deutlichen Zusammenhang und ein Fehlen ist nach diesen Werten eher die Ausnahme.

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Durch die mir berichteten Erlebnisse der betroffenen Menschen wird auch deutlich, dass die Biografien aus der familiären sexualisierten Gewalt oft eine Generationsproblematik aufweisen und die Menschen, selbst wenn sie nicht mehr in dem ursprünglichen familiären Umfeld leben, von ähnlichen Gewalterfahrungen mit den bekannten aber auch ähnlichen Täterstrukturen berichtet haben. Aus den Schilderungen der Betroffenen geht hervor, dass insbesondere familiäre Täter:innen, solange sich die Rahmenbedingungen nicht gravierend ändern, nicht von ihrem Opfer, selbst wenn es erwachsen ist, ablassen. Zudem sind die Betroffenen der Gefahr der Reinszenierung im sozialen Umfeld ausgesetzt, die ihnen oft nicht ausreichend bewusst ist. Aus meiner Arbeit und aus der Selbstbetroffenheit weiß ich, dass es sich für einen Menschen, der von kleinauf an und durch die engsten Vertrauenspersonen, diese tiefe Verletzung des sexuellen Missbrauchs und Gewalt erfahren hat, sich anfühlt als sei er gezeichnet und er darin den Grund sieht immer wieder in Gefahren zu geraten. Dies wollte ich aus eigener leidvoller Erfahrung und der oft schmerzhaften Begleitung der Betroffenen mit der Metapher „unsichtbares Kainsmal des Inzestes“ aufzeigen und somit aufklären.

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Besonders entwicklungstraumatisierte Menschen leiden unter diesen von familiären Täter:innen genutzten pathologischen Abhängigkeiten und Prägungen. Sie finden ohne die entsprechende Aufklärung und dem Wissen um diese täterkonditionierten Mechanismen nicht den Ausweg, die sie bedrohende Gewaltspirale zu unterbrechen, um ein freies Leben zu führen.

 

Es gibt einen Punkt an dem es wichtig für einen Menschen werden kann, sich seinen Erlebnissen zu stellen: Wenn sich der von sexualisierter Gewalt betroffene Mensch weiterhin im Täterkontakt befindet oder von diesem bedroht ist. Dann ist es lebensrettend, wenn ihm die Zusammenhänge und die ihn gefährdenden Mechanismen bekannt sind, um sich adäquat schützen zu können. Dies schafft er in der Regel nicht ohne Hilfe und Unterstützung und ist im Ernstfall unterlassene Hilfeleistung, wenn man als Helfer:in um die Risiken weiß, aber nichts unternimmt.

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Zum Zeitpunkt des Erlebens bietet die Verdrängung dem Menschen Schutz und Hilfe, jedoch bringt sie auch bei weiterer Gewalteinwirkung die Gefahr des psychischen Zusammenbruchs und schwerwiegenden psychischen Erkrankungen mit sich, welche mögliche Täter:innen gezielt auszunutzen wissen. Dieser Aspekt ist uns in unserer Arbeit besonders wichtig, da die psychische Schwäche, neben den bestehenden Abhängigkeiten und der Täter-Opfer-Umkehr den Täter:innen mehr und mehr in die Hände spielt. Auf diese Weise befinden sich die Betroffenen in einem Teufelskreis in dem ihnen oft nicht die Hilfe zu Teil wird, die sie so dringend brauchen.

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Wir sprechen hier, zu meiner persönlichen mehr als 35jährigen Erfahrung in der Arbeit mit Betroffenen, aus der eigenen Selbstbetroffenheit und Erfahrungsexpertise.

 

Unsere Arbeit an den Fachschulen, sowie im Opferschutzverein ist durch meine und die Selbstbetroffenheit der Mitarbeitenden motiviert. Ziel dieser beiden, voneinander unabhängigen Organisationen ist es für andere Betroffene und Interessierte, die einen ähnlichen Umgang mit dem Erlebten wie wir suchen, nicht nur einen Raum zu schaffen, sondern auch einen gangbaren, praxisnahen Weg aufzuzeigen, der einem betroffenen Menschen von familiärer sexualisierter Gewalt helfen kann ein selbstbestimmtes und freies Leben zu führen.

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Die Fachschulen decken den Bereich der Aus- und Weiterbildung ab und der Opferschutzverein schafft den ehrenamtlichen Rahmen für weitere Aufklärung, Opferschutz und Hilfe in allen Lebensbereichen in dem der Betroffene sich Unterstützung wünscht.

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Mit der vereinsangehörigen Begegnungsstätte und der darin von Selbstbetroffenen aufgebauten Ausstellung möchten wir für diejenigen, die sich einen tieferen Einblick in die vielfältigen Facetten der sexualisierten Gewalt wünschen, der Kinder, Jugendliche und Erwachsene in Familie und / oder Nahfeld tagtäglich ausgesetzt sind, bieten. Die Szenen sind fiktiv, mögliche Ähnlichkeiten sind nicht beabsichtigt. Sie wird von den Mitwirkenden als Traumabewältigung gesehen und dient der reinen Aufklärungsarbeit. Besucher:innen weisen wir ausdrücklich auf die bestehende Gefahr einer möglichen Retraumatisierung hin. Die Ausstellung kann nicht ohne die Begleitung einer entsprechend kompetenten Mitarbeiterin besucht werden.

 

Die Selbstbetroffenheit und die Erfahrungsexpertise sind für uns in unserer Arbeit von entscheidender Bedeutung, um neben dem Erfahrungswissen, die nötige Sensibilität und das Verständnis um die schwerwiegenden, oft sehr komplizierten Zusammenhänge des Themas, sowie auch für die verletzungsbedingten Ambivalenzen in den Betroffenen aufbringen zu können.

 

Mir ist bei all dem wichtig festzuhalten, dass es in unserer Arbeit mit dem Thema des sexuellen Missbrauchs und Gewalt um schwere Straftaten geht. Demzufolge sind die Betroffenen, die dies oft erst Jahre später aussprechen können in größter Gefahr, da sie die möglichen Täter:innen einem strafrechtlichen Prozess zuführen können. Hierin liegt die Brisanz in der Arbeit und der Auseinandersetzung mit dem Thema, da auf die Opfer entsprechender Druck ausgeübt wird sie zum Schweigen zu bringen und ihre zuvor getätigte Aussage zu widerrufen. Dies gilt insbesondere dann, wenn wir über den familiären Kontext sprechen in dem es um Straftaten aus der Kindheit und Jugend des betroffenen Menschen geht.

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Diese komplexe Problematik der Täter-Opfer-Umkehr zu verstehen ist nach unserer Erfahrung nur für die Menschen möglich, die selbst betroffen sind oder in einer anderen Form Berührungspunkte in dem Feld haben. Die Expertise von Betroffenen in den verschiedenen Bereichen in der Arbeit und Hilfe mit Betroffenen wird zunehmend auch von der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) gefördert.

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Und so fragen wir Sie direkt: sind Sie ein von sexuellem Missbrauch und Gewalt betroffener Mensch und verfügen Sie über die entsprechende Fachkompetenz, um etwaige Falschbehauptungen und Verleumdungen gegenüber den Opfern von der Wahrheit unterscheiden zu können und so dem Anspruch die Opfer in ihren Belange zu stärken gerecht zu werden? Wir sprechen von Verbrechen mit strafrechtlichen Konsequenzen wobei weder Helfer:innen, Anwält:innen, noch ermittelnde Beamt:innen, die Staatsanwaltschaft, Richter:innen oder auch Gutachter:innen und natürlich auch Therapeut:innen wissen können wer die Wahrheit sagt oder nicht, da niemand zum Zeitpunkt der Tat dabei gewesen ist.

 

Es herrscht also ein enormer Druck auf den oder die vor einer möglichen Verurteilung stehenden Täter:innen, die alles daran setzen werden ihr Opfer davon abzubringen gegen sie auszusagen. Somit ist jede:r mit dem Fall Beschäftigte gleichfalls eine potenzielle Gefahr und wird entsprechend hart angegangen. Nicht selten kommt es vor, dass von Betroffenen zuvor getätigte Aussagen wieder zurück genommen werden und der Fall dann vollkommen anders als bisher dargestellt wird.

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Es gibt aber auch die Variante, dass der betroffene Mensch sich Hilfe sucht und aus Angst und Vorsicht erstmal mit seinem schwerwiegenden Problem eher verschlossen bleibt. Im Laufe der Auseinandersetzung erkennt er das Ausmaß, die Konsequenzen und die möglicherweise nötigen strafrechtlichen Schritte, die auf ihn zukommen können. Dies kann die Betroffenen so sehr verängstigen, dass sie Todesängste empfinden, die sie dazu veranlassen sich wieder von der Hilfsorganisation oder auch der Therapie zurückzuziehen. Sie sehen also das Feld ist sehr vielschichtig und es gibt viele Gefahren, insbesondere für die unfreiwillig ambivalenten Opfer, wenn die Täter:innen ihre Eltern sind. Sicher haben Sie im Laufe Ihrer Recherche auch andere Hilfsorganisationen, Beratungsstellen und Therapeut:innen dazu befragt und sind auf ähnliche Aussagen in diesem speziellen Kontext gestoßen.

 

Dieser Umstand macht es so schwer die Wahrheit zu finden und Klarheit zu erhalten und natürlich scheuen sich Täter:innen auch nicht den Weg in die Öffentlichkeit zu wählen, um Helfer:innen und Organisationen zu diffamieren und zu diskreditieren. Nicht selten geht dies bis zum Rufmord. Auch vor Morddrohungen wurde uns, anderen Helfer:innen und selbst Anwält:innen gegenüber nicht Halt gemacht, da diese Menschen sich in ihrer Existenz von unser und der Arbeit derjenigen, die mit an dem einzelnen Fall beteiligt sind, bedroht fühlen.

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Täter-Opfer-Umkehr hat viele Gesichter, unter anderem auch die Instrumentalisierung ihrer Opfer, um sich ihre Loyalität und die eigene Existenz zu sichern.

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An der derzeitigen „False Memory Bewegung“ in Deutschland, durch die ganze Berufsstände der Schulmedizin angegriffen und in Frage gestellt werden sollen, zeigt sich wie sich hinter dieser Welle Täter:innen verstecken können und sich nun selbst als Opfer darzustellen versuchen. Es ist eine, wenn auch seit je her bekannte, fatale Entwicklung für alle Betroffenen, die ihr ganzes Leben um Glaubwürdigkeit und Anerkennung kämpfen und zumeist aus Mangel an Beweisen allein ihre Sicherheit vor den kriminellen und stark manipulativen Dynamiken der Täterseite gewährleisten müssen.

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All diese Erfahrungen haben mich an den Punkt der, für viele zu offensiven Aufklärungsarbeit gebracht und lassen mich und meine Arbeit polarisierend wirken. Damit lebe ich und bin bereit weiter für die Rechte, die Anerkennung und die Belange der Betroffenen zu kämpfen. Viele Betroffene haben durch die Arbeit meiner Frau und mir ihren Weg in ein gewaltfreies und selbstbestimmtes Leben gefunden, stehen an unserer Seite und sind bereit im Zweifel ihre Seite öffentlich zu machen, um falsche Behauptungen gegen sie zu entkräften. Es freut mich besonders, dass sich in all den Jahren so viel Positives für die Betroffenen entwickelt hat, was es in meiner Anfangszeit Ende der Achtziger Jahre noch nicht gegeben hat. Es ist schon erstaunlich wie lange es gebraucht hat, um Betroffenen eine Lobby zu geben und Zweifel um die Existenz von sexuellem Missbrauch in der Familie und Institutionen, wie in der Kirche, in Heimen und im Sport auszuräumen. Auch dank der Medien konnten Skandale wie der an der Odenwaldschule und am Canisius-Kolleg sichtbar gemacht werden, die 2010 zum eckigen Tisch und schließlich zum Amt der Unabhängigen Beauftragen für Fragen sexuellen Kindesmissbrauchs, sowie unter anderem zu einer bundesweiten Stelle für Forschung im Gebiet sexualisierte Gewalt führten.

 

Geben Sie mir bitte eine Rückmeldung bezüglich des Sendetermins. Des Weiteren möchten wir Sie bitten uns über den Zusammenschnitt unserer Antwort vor Ausstrahlung zu informieren, damit wir sicher sein können, korrekt verstanden worden zu sein.

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2. Antwortschreiben:

 

Anhand Ihrer erneuten Fragestellungen und dem Umgang mit uns vermuten wir, dass diese Reportage bereits eine gegen uns und unsere Arbeit festgelegte Richtung nehmen wird. Für uns stellt sich die Frage, ob Sie in Ihrer Recherche auch Betroffene befragt haben, die ihre Aussage nicht revidiert haben bzw. positiv über uns berichten. Dies würde, aus unserer Sicht, eine ausgeglichene und realistische Berichterstattung voraussetzen.

 

Dennoch möchten wir die Möglichkeit nutzen, um zumindest auf diesem Weg uns mit unserer Arbeit zu zeigen und tiefere Einblicke in die Thematik zu geben. Dies geschieht auch mit dem Wissen, dass Sie diese Erklärungen, um die Komplexität zu verstehen, vermutlich nicht in Ihrem Projekt so darstellen werden, wie es nötig wäre. Wir tun dies weniger für uns, sondern vor allem für die in der Fachschule und im Verein ehrenamtlichen Mitarbeitenden, die allesamt Selbstbetroffene sind, sich heute selbst engagieren und eine echte Perspektive haben, die im alten beruflichen oder sozialen Umfeld nicht gegeben wäre. Gehen Sie gerne auf sie zu, wenn Sie nicht die Absicht haben sie erneut in die Position des „ewigen Opfers“ hineinzubringen.

 

Anbei die Antworten auf die von Ihnen gestellten Fragen, die so hoffentlich einiges zur Klärung des Sachverhaltes beitragen, der, wie wir schon an anderer Stelle sagten, die Gesellschaft spaltet und vieles, was damit zusammenhängt, in Frage stellt. Wie zum Beispiel ihre angestrebte Reportage in der Sie uns in die Schublade „False Memory“ einordnen möchten und in der die eigentlichen Opfer erneut stigmatisiert und verunglimpft werden, ohne die Chance zu bekommen sich dazu äußern zu können, da Sie diejenigen, die diese angeblichen Behauptungen gegen uns richten, bewusst oder unbewusst zu schützen scheinen, indem Sie ihre Identität nicht preisgeben. Wie aber soll man unter diesen Umständen zur Klärung des Sachverhaltes beitragen können, wenn nicht einmal klar ist, von wem diese beschuldigenden Äußerungen stammen. Das allein stellt Ihre Reportage in ein mehr als befremdlich/merkwürdig scheinendes Licht und die, die Sie dabei vertreten, in ein noch dunkleres und zeugt, aus unserer Sicht, von keinem guten Journalismus, wie er doch einmal von denen angedacht wurde, die von einer fairen und beide Seiten berücksichtigenden Berichterstattung ausgingen.

 

Wir fragten Sie ja schon, ob Sie selbst eine Betroffene eines sexuellen Missbrauchs sind. Wenn ja, dann wüssten Sie, was die bedauernswerten Opfer hinter sich haben, wenn sie durch ihre eigenen Eltern missbraucht wurden und würden sich mit dem Thema unparteiischer, respektvoller und ausgeglichener auseinandersetzen, als Sie es, aus unserer Sicht, gerade tun. Das heißt mit mehr Mitgefühl, Anteilnahme und Rücksicht für diese schwerst traumatisierten und seelisch mehr als gelittenen Menschen. Haben sie es doch verdient, genau wie wir, eine faire Behandlung zu erfahren in Form einer ausgewogenen und beide Seiten vertretenden Berichterstattung.

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Wem möchten Sie also glauben und wem können Sie glauben, wenn Sie nicht mit Betroffenen gesprochen oder selbst die Erfahrung haben?

 

Zur Ihren Rückfragen können wir, ebenso wie bei den ersten Fragen, nur wiederholen: so lange für uns nicht klar ist um wen es sich bei den einzelnen Schüler:innen konkret handelt, können wir keine adäquate Antwort auf die Fragen geben. Wir sind aber gerne bereit uns in einem persönlichen Gespräch ausserhalb der Öffentlichkeit den Fragen zu stellen.

 

Mit der Behauptung wir seien eine Sekte sind wir seit geraumer Zeit konfrontiert und sind mit dieser immer sehr offen umgegangen, da wir keine Sekte sind.

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Die von Ihnen erwähnten Medienberichte sind im Zuge einer Hetzkampagne gegen uns und die Hamburger Heilpraktiker Fachschule entstanden. Diese Kampagne wurde angetrieben von den Familien der Menschen, die bei uns als Betroffene von sexualisierter Gewalt durch eben diese Familien Hilfe gesucht haben. Der Verein El Faro existierte zu dieser Zeit noch nicht, so dass die Betroffenen als Schüler:innen im Rahmen der Hamburger Heilpraktiker Fachschule zu uns kamen um sich mit dem Heilpraktikerberuf eine berufliche Existenz aufzubauen. Es kam zu einem Zusammenschluss der Betroffenen in selbstorganisierten Wohn- und Schutzgemeinschaften, um sich vor den als Täter:innen benannten Familienmitgliedern, zu schützen. Die Familien ihrerseits fühlten sich als Opfer und wandten sich in dem Zusammenhang an die Presse und diverse andere Stellen, sowie die Sektenbeauftragte, um uns als Sekte öffentlich zu diffamieren und zu diskreditieren.

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Es ist wichtig hier zu sagen, dass das Bewusstsein für familiären sexuellen Missbrauch und Gewalt zu der Zeit längst nicht in dem vollen Ausmaß mit den angewandten Täterstrategien so bekannt war, wie es heute schon eher der Fall ist. Ebenso waren keine Skandale wie, der von den Kirchen und anderen Institutionen, wie zum Beispiel der von der Odenwaldschule bekannt, die ihre Schutzbefohlenen ungesehen sexualisierter Gewalt aussetzten. Auf diese Weise hatten es die Täter:innen leicht sich in ihrer Täter-Opfer-Umkehr öffentlich zu positionieren.

 

Wir haben den verzweifelten und verängstigten Menschen geglaubt und versucht so gut es geht zu helfen. Die damals entstandene Dynamik war für uns nicht vorhersehbar und entwickelte sich ohne unser Zutun, da wir als Ausbildungsstätte ausbilden wollten und dies im Fokus stand. Dass sich Schüler:innen als Selbstbetroffene outeten und wir nun ohne es zu wollen zwischen die Fronten gerieten, war auch für uns schockierend. Aber wir haben dadurch auch gesehen, wie schwerwiegend die Problematik ist und schließlich den Verein zur Hilfe und Unterstützung von Opfern von sexuellem Missbrauch und Gewalt e.V., „El Faro“ Hamburg gegründet, um den Betroffenen einen passenden Rahmen zu geben.

 

Zu unserer Arbeit mit dem Schwerpunkt Psychosomatik ist es wichtig zu verstehen, wie wir diese begreifen. Wenn Sie sich tiefer mit der Thematik beschäftigen, werden Sie sehen, dass in dem Bereich die Ursache in unbewussten psychischen Konflikten in der Entwicklungszeit zu finden ist. Eine erfahrungsgemäße Tatsache, die bis heute in der Schulmedizin nicht ausreichend mitgedacht wird und zu der es auch noch zu wenig Forschung gibt, wie die TU Berlin im letzten Herbst auf der Workshopkonferenz „Allianz gegen Gewalt“ bestätigte.

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Hier sehen wir in unseren Ausbildungen den Handlungsbedarf, da viele Betroffene auf Traumafolgestörungen, wie es auch eine Depression oder Essstörung sein kann, behandelt werden, die eigentliche Ursache aber ungeklärt bleibt. Natürlich steht es jedem Menschen frei sich mit tiefer liegenden Bewusstseinsinhalten zu beschäftigen und dies vermitteln wir auch in den Unterrichten, die selbstredend keinen Therapieersatz für die Schüler:innen darstellen können und sollen.

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Für uns ist die Schaffung des Bewusstseins für die angehenden Heilpraktiker:innen wichtig z.B. bei ständig eingerissenen Mundwinkeln oder Asthma eine mögliche sexuelle Gewalterfahrung in der Hilfe von Betroffenen mitzudenken. Dieses Wissen beziehen wir, wie gesagt, aus den zahlreichen Erfahrungsberichten von Menschen, die genau das erlebt haben. Heute würde man über das von Ihnen zitierte „Engegefühl im Halsbereich“ von einem Körperflashback sprechen, welcher die Betroffenen im Alltag, aber auch in der Therapie unverhofft einholen und Panik oder auch einen Status athmaticus auslösen kann. Um diese psychosomatischen Reaktionen, die durch das unbewusste Nervensystem, also unwillkürlich gesteuert werden, in der Behandlung der Menschen nicht ausser acht zulassen, bilden wir diese wichtigen Aspekte mit aus. Will man gute Hilfe, Prävention und Therapie ermöglichen, muss dieser, wenn auch extrem schockierende und unangenehme Faktor der Gewalt und sexualisierten Gewalt auch in den Ausbildungen von zukünftigen Helfer:innen integriert sein. Fragen Sie Betroffene, die aufgrund von Gewalterfahrungen entsprechende psychosomatische Reaktionen zeigen, werden Sie auf Bestätigung treffen.

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Auch ist die gerade öffentlich gewordene Studie aus Großbritannien: Erhöhung des Kehlkopfkrebsrisikos durch Oralsex aufgrund des Papillomavirus interessant, wenn Sie diese vor dem Hintergrund der sexualisierte Gewalt betrachten.

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Das weitere Zitat:“Mit etwas Phantasie erkennt man oft die wahren Hintergründe der Schmerzattacken.“ ist nur im Kontext verständlich. Viele Menschen können und wollen sich gegen die eigenen und natürlichen Hemmschwellen nicht vorstellen, dass ein Mensch - oder schlimmer noch ein Kind - von einer anderen, ihm vertrauten Person, wie die eigenen Eltern, massivste Gewalt, Demütigungen und Perversionen in Form von sexualisierter Gewalt erfahren könnte. Es zerstört das gesunde Weltbild, besonders wenn man dies nicht selbst erlebt hat. Um Betroffenen den Rahmen zu geben sich in ihrem sie beschämenden und tiefsten Schmerz öffnen zu können, erfordert es von der helfenden Seite die Bereitschaft in die widernatürlichen Abgründe der menschlichen Seele, die Welt der Täter:innen, hineinzuschauen. Wie sonst möchte ein Helfer:in den betroffenen Menschen in seinem Leid verstehen und ihm als angehender Heilpraktiker:in ein positives Gegengewicht in seinem Helfernetzwerk sein, um aus der Opferrolle heraus zu kommen?

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Ist das Ziel in der therapeutischen Arbeit im Rahmen des Heilpraktikerberufs, der sich als Begleitung, Brücke und Ergänzung zur Schulmedizin betrachtet, psychosomatisch erkrankten Menschen in Folge einer Traumatisierung wie durch sexuellen Missbrauch und / oder Gewalt zu helfen, muss in der Ausbildung dieser schwerwiegende Bereich thematisiert und die zukünftigen Helfer:innen darauf vorbereitet werden. Dies ist von uns vertragsrechtlich zu erfüllen, wenn ein Schüler:in sich für die Ausbildung eingeschrieben hat.

 

Fest steht es gibt bis heute zu wenig Forschung, die natürlich durch empirisches Wissen angestoßen wird. Wir sind ziemlich sicher, dass sich vieles was für die Menschen heute noch unglaublich scheint durch die Wissenschaft in vielen Bereichen bestätigen wird. Uns ist bewusst, dass unsere Arbeit die die Grundfeste der Familie betrifft in vielen Bereichen das gesellschaftliche Weltbild in Frage stellt und erschüttert. Früher gab es keinen sexuellen Missbrauch in der Kirche, es gab keinen sexuellen Missbrauch in der DDR und es gab keinen sexuellen Missbrauch in der Familie - angeblich, denn das heutige Wissen und das öffentlich Werden von zahlreichen Betroffenen und den aufgedeckten Skandalen wie auch in Lügde, Münster, Bergisch Gladbach usw. spricht eine deutlich andere Sprache.

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Schon immer war die öffentliche Bewusstwerdung der Schattenseite der Menschen schwer zu ertragen und zu integrieren - in so vielen Bereichen. Aber es braucht Zeit und Auseinandersetzung, insbesondere im Kontext familiäre sexualisierte Gewalt. Seit es die Menschheit gibt, gibt es Gewalt in all ihren schrecklichen Formen. Sie ist Teil unseres Lebens, aber wem fällt es schon leicht in diese Abgründe zu schauen und sich klar zu machen, wenn er oder sie auch ein Opfer kennt, er oder sie vermutlich auch einen Täter:in kennt. Für die, die jedoch tagtäglich und vielleicht schon als Kind und jugendlicher Mensch diese Grausamkeiten allein ertragen müssen, sind wir es als Gesellschaft schuldig für Bewusstsein und Transparenz zu sorgen. Es ist der einzige Weg, will man Täter:innen ihre Unsichtbarkeit und die daraus gewonnene Sicherheit nehmen, mit der sie unter uns, durch unser Zutun des Schweigens und des Wegsehens, verstecken.

 

Wie schon in unserem ersten Antwortschreiben können wir nur erneut zum Ausdruck bringen, dass immer klar und transparent war mit welchen Themen wir uns beschäftigen. Für uns stellt sich die Frage, ob die ehemaligen Schüler:innen auch berichtet haben, warum sie bei uns waren.

 

Wir haben in unserer gesamten Tätigkeit und unserem Einsatz für die Opfer viel erlebt und gesehen, was jenseits unserer Vorstellungskraft gelegen hat und bis heute lernen wir dazu.

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Das Thema des familiären sexuellen Missbrauchs und der Gewalt ist noch bis vor kurzem ein Tabu gewesen und ist es zum großen Teil immer noch. Wir verstehen die Ungläubigkeit nur zu gut, da es absolut widernatürlich ist und sich gegen alles, was uns zum Menschen macht richtet. Wir haben es seit der Zeit in der die ersten mutigen Betroffenen mit der sehr zögerlichen Frage zu uns in die Praxis kamen:“Kann es sein, das meine Erkrankung von dem sexuellen Missbrauch durch meinen Vater/Opa/Tante etc. kommt?“ als das gesehen was es ist: Ein Feld worüber zu wenig bis gar kein Wissen bekannt gewesen zu sein schien. Also haben wir uns auf die Suche gemacht und ein Verständnis für das Thema und die zumeist damit einhergehende Psychosomatik aufgebaut. Mitte der 80er Jahre wurde sexueller Missbrauch dann vermehrt öffentlich gemacht und debattiert. Es ist ein Bewusstsein entstanden und somit trauten sich auch mehr Menschen sich Hilfe zu suchen. Begrifflichkeiten wie Flashbacks, Intrusionen, Dissoziationen, das Traumagedächtnis oder gar die posttraumatische Belastungsstörung mit entsprechenden Traumafolgestörungen waren weitestgehend unbekannt oder existierten noch gar nicht. Aber nur weil es das heutige Wissen und die Definitionen noch nicht gab, hatten die betroffenen Menschen diese und andere Symptome, entwickelten u.a. Depressionen bis zum suizidalen Verhalten, Autoaggressionerkrankungen, Neurosen, Psychosen, Suchtverhalten oder zeigten selbstverletzendes Verhalten, da sie den aufkommenden Gefühlen und Erinnerungen nicht anders entgegenwirken konnten. Die Liste ist lang, auch wenn natürlich nicht hinter jedem Erkrankungsbild ein sexueller Missbrauch oder Gewalt stehen muss. Die Traumafolgestörungen bzw. ihre Symptome und daraus resultierenden Erkrankungsbilder wurden nur, so wie heute leider auch noch viel zu oft, falsch eingeordnet und die von Gewalt betroffenen Menschen wurden auf die Symptomatik aber nicht auf die Ursache behandelt.

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Unterschiedlichste Faktoren sind für die Tatsache verantwortlich, dass in vielen Fällen die eigentliche Ursache nicht in der Anamnese oder im weiteren Verlauf der Therapie ausgesprochen wird. Einer davon ist sicher auch fehlendes Wissen über die Problematik, sowie der erwähnte innere Abwehrmechanismus überhaupt denken zu wollen, dass eine Traumatisierung eine Option sein kann. Geschweige denn zu denken, die eigene Familie könnte ihrem eigenen Kind sexualisierte Gewalt antun.

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An der Stelle geben wir auch die Zeit zu bedenken in der z.B. Vergewaltigung in der Ehe bei uns in Deutschland erst 1997 zum Straftatbestand wurde und welche Stellung die Frau in der Wahrung ihrer Rechte, insbesondere bezüglich sexualisierter Gewalt inne hatte.

 

Auch sieht man einem Menschen nicht an ob er oder sie ein Opfer ist, so wie man einem Menschen auch nicht wirklich ansehen kann, ob er oder sie Täter:in ist. Wo ist die Grenze und wo ist man als Helfer:in gefordert dem möglichen Betroffenen nicht die Hilfe verwehrt zu haben, weil er oder sie das Erlebte aus Scham und Todesangst nicht aussprechen kann und sich zudem durch den Überlebensmodus eine nahezu perfekte Fassade aufgebaut hat?

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Wir wiederholen uns, jeder Mensch hat das Recht auf Freiheit und wählt den Umgang mit traumatisierenden Erlebnissen individuell. Dennoch gibt es von der Helferseite den nur allzu menschlichen Konflikt: wie weit ist ein Mensch verpflichtet einem Notleidenden zu helfen die Augen zu öffnen, wenn er sich offensichtlich in Gefahr befindet. Als Ausbildungsstätte und mit dem Wissen als Therapeut sehen wir es als unsere menschlich verpflichtende Aufgabe an, dieses Wissen weiterzugeben.

 

Die von Ihnen erwähnte Studie von Prof. Dr. Crombag und Harald Merckelbach ist uns nicht bekannt, wir haben uns in der Kürze nur einen ersten Eindruck über die Grundrichtung verschaffen können.

 

Unsere Arbeit und das von den Fachschulen vermittelte Wissen in dem der Mensch im Mittelpunkt der Therapie steht, welches sich, wie jedes andere Wissen, selbstverständlich und insbesondere in diesem Feld der Entwicklungstraumatisierungen durch Gewalt weiterentwickelt, dient den Menschen, die Opfer von Gewalt und / oder auch sexualisierter Gewalt durch ihr Nahfeld, insbesondere der Familie wurden.

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Auch wenn ich Selbstbetroffener bin, bin ich ohne mein Zutun in die Lage gekommen, dass sich im Laufe meiner Praxisarbeit als Heilpraktiker und als Schulleiter vermehrt Betroffene an mich herangetreten sind. Daraus ergab sich der weitere Weg für mich, wozu u.a. auch die Gründung und der Tätigkeitsbereich des Opferschutzvereins gehört.

 

Geben Sie mir bitte über den Zusammenschnitt unserer Antworten die nötigen Informationen, um für uns zu gewährleisten korrekt wiedergegeben worden zu sein.

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Haben Sie einen Sendetermin für uns?

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